Copy to Clipboard. Add italics as necessaryZitiervorgabe: Maja Figge, »​›Sprechen = Leben‹ . Queere Zeitpolitiken und eine Ästhetik des Präsentischen in 120 BPM«, in Queeres Kino / Queere Ästhetiken als Dokumentationen des Prekären, hg. v. Astrid Deuber-Mankowsky und Philipp Hanke, Cultural Inquiry, 22 (Berlin: ICI Berlin Press, 2021), S. 25–45 <https:/​/​doi.org/​10.37050/​ci-22_02>

»Sprechen = Leben«Queere Zeitpolitiken und eine Ästhetik des Präsentischen in 120 BPMMaja Figge

Abstract

Gegen das tödliche Schweigen und die Einsamkeit setzt Robin Campillo in seinem Film 120 BPM das gemeinsame Sprechen, die Versammlung. Basierend auf Campillos Erinnerungen an die politische Arbeit mit ACT UP Paris in den frühen 1990er Jahren rückt der Film die wöchentlichen Versammlungen der Gruppe in den Fokus. Ausgehend von diesen werden die queeren Zeitpolitiken des Films herausgearbeitet und gezeigt, dass der Film die Kämpfe nicht einfach als vergangene zeigt; vielmehr etabliert er eine Ästhetik des Präsentischen, die die Verbindungen von Gegenwart und Vergangenheit als performative Vergegenwärtigungen und potentielle Aktivierungen betont.

Schlagwörter: ACT UP; Ästhetik; queere Zeitpolitiken; Jetztzeit; Reenactment; Versammlung; Affizierung

Robin Campillos Film 120 BPM beginnt auf der auditiven Ebene: während der Vorspann ausschließlich über ein Schwarzbild läuft, wird langsam eine Rede eingeblendet.1 Das Schwarzbild wird als Vorhang erkennbar, als dieser sich nach einer Weile leicht öffnet und den Blick auf eine Bühne und den Redner freigibt (s. Abb. 1). Nun sind neben dessen Stimme auch weitere Atemgeräusche zu hören, schemenhaft schälen sich Körper aus dem Dunkel heraus (s. Abb. 2 und Abb. 3). Schließlich stürmen die versammelten Personen auf ein Signal mit Trillerpfeifen und anderen Lärminstrumenten auf die Bühne. Der Ton bricht ab und der Filmtitel wird eingeblendet.

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Abb. 1–4. 120 BPM, Regie: Robin Campillo (Les Films de Pierre, 2017), Screenshots, Copyright Edition Salzgeber/Les Films de Pierre.

Nach dem Vorspann finden wir uns in einem hell er- bzw. ausgeleuchteten Hörsaal wieder; ein Mann blickt frontal in die Kamera, heißt »uns« und einige weitere Gäste im Saal willkommen (s. Abb. 4) und gibt dann eine Einführung in die Struktur und die Arbeit von ACT UP Paris. Es ist eine nach dem Vorbild von ACT UP New York 1989 »in der Gay-Community gegründete Gruppe zur Verteidigung der Rechte aller AIDS-Kranken. ACT UP bietet keine Patientenunterstützung. Es ist eine Gruppe von Aktivisten«.2 Das Wichtigste ist vielleicht, dass sich alle mit Eintritt in die Gruppe, »damit einverstanden erklären, in den Medien und in der Öffentlichkeit als HIV-Positive zu erscheinen«. ACT UP ist ein Akronym für AIDS Coalition to Unleash Power.

Während der Einführung füllt sich im Bildhintergrund langsam der Saal, schließlich fängt das Treffen an. Es beginnt mit der Mitteilung, dass ein Aktivist der ersten Stunde gestorben sei, es wird dazu aufgefordert, »wie immer«, Protest-Postkarten an Präsident Mitterand zu schicken. Direkt im Anschluss geht es mit der Auswertung der Aktion, deren Beginn wir im Vorspann gesehen haben, weiter: Es gab einen Vorfall, der zu einer Kontroverse über Absprachen und Aktionsformen in der Gruppe führt. Immer wieder springt die Szene zwischen Aktion und Hörsaal hin und her, verbunden über den Ton – die Berichte und Statements der einzelnen Aktivist*innen (s. Abb. 5–8). Die Aktion störte eine Veranstaltung der staatlichen Anti-AIDS-Agentur Agence française de lutte contre le SIDA (AFLS), um deren Behinderung und Zensur der Präventionsarbeit zu kritisieren. Während die Sprecherin der Aktion, Sophie, den Vorsitzenden der AFLS verbal angreift und sich einen Schlagabtausch liefert, landet plötzlich ein Farbbeutel mit Theaterblut in dessen Gesicht. Daraufhin stürzen zwei andere Aktivisten, Max und Sean, auf die Bühne und fesseln den AFLS-Vorsitzenden mit Handschellen an das Gerüst einer Bildtafel. Sophie fühlt sich übergangen, kritisiert dieses Vorgehen als gewalttätig und sorgt sich um die Reaktionen der anderen Organisationen. Aber Max und Sean verteidigen ihre Eskalation; Sean führt aus: »Mir egal, ob der AFLS-Typ gedemütigt oder die von AIDES geschockt waren. Der Staat soll wissen, dass wir uns weiter mit ihm anlegen, bis wir eine echte Präventivpolitik haben.« Als schließlich jemand berichtet, dass AIDES, eine von Daniel Défert nach Michel Foucaults Tod 1984 gegründete Anti-AIDS-Selbstorganisation,3 und die Tageszeitung Libération die Aktion zwar kritisch aber verständnisvoll kommentieren, entspannt sich die Situation und es wird zu weiteren drängenden Themen und Planungen von Aktionen übergegangen.

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Abb. 5–8. 120 BPM, Regie: Robin Campillo (Les Films de Pierre, 2017), Screenshots, Coypright Edition Salzgeber/Les Films de Pierre.

120 BPM basiert auf den Erinnerungen des Regisseurs Robin Campillo und seines Co-Autors Philippe Mangeot, die beide bei ACT UP Paris aktiv waren, und erzählt vom Leben und Kämpfen mit ACT UP Paris. Die im Titel als Abkürzung genannten Schläge pro Minute verweisen nicht nur auf die House-Musik, die den Film akustisch untermalt, sondern auch auf die zeitliche Dimension dieser Erfahrung; im Film wird dies durch die fließende Verbindung von Orten und Ereignissen in der (Parallel-)Montage umgesetzt und ein Kontinuum von Aktion und Treffen, nächster Aktion etabliert. Die nächste Szene endet mit der Festnahme der Gruppe, aber nach der Freilassung ziehen sie weiter: Zunächst sieht man die Gruppe in der U-Bahn und schließlich zu House tanzend im Club – verbunden werden die Schauplätze über den Soundtrack einerseits, aber auch durch den wiederkehrenden Einsatz der Zeitlupe, die die Aktionen und Bewegungen verlangsamt und zugleich hervorhebt. In einer Draufsicht löst sich die Kamera schließlich von den tanzenden Körpern und fokussiert die schwirrenden Partikel im Lichtstrahl, bis nur noch diese zu sehen sind (s. Abb. 9). In einem langsamen Schwenk lösen sich auch die Partikel auf und in Großaufnahme wird eine Darstellung des HI-Virus erkennbar (s. Abb. 10). Während die Musik weiterspielt, wird langsam die Tonspur aus dem Hörsaal eingeblendet: »Die einzigen verfügbaren Medikamente sind zurzeit AZT und DDI.« (s. Abb. 11) In der Montage kommt nun ein von Hand gezeichnetes Diagramm ins Bild, während ein Aktivist die Funktionsweise des Virus und die Wirkstrategien der sich in Entwicklung befindenden Medikamente erklärt (s. Abb. 12).

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Abb. 9–12. 120 BPM, Regie: Robin Campillo (Les Films de Pierre, 2017), Screenshots, Copyright Edition Salzgeber/Les Films de Pierre.

Die Szenen, die die wöchentlich stattfindenden Treffen zeigen, rhythmisieren den Bilderfluss aus Aktionen, Partys, Sex, und Treffen in Arbeitsgruppen oder mit anderen Organisationen und zeigen so das rastlose Leben der Aktivist*innen. Erzählt wird die Geschichte ausgehend von Nathan, der als HIV-Negativer zu Beginn des Films zu ACT UP Paris stößt und sich in den Aktivisten Sean verliebt, der im Verlauf des Films erkrankt und am Ende stirbt. Auch wenn die Liebesgeschichte der beiden den Handlungsbogen bildet, steht die Gruppe im Vordergrund, das gemeinsame Leben mit AIDS bei ACT UP Paris, das durch wiederkehrende Ereignisse (Treffen, Aktion, Tanz, Sex, Tod) gekennzeichnet ist. Als Sean, bereits sehr krank, nach einem Streit mit dem Vorsitzenden Thibaut, den Hörsaal zum letzten Mal wütend verlässt, verschiebt sich der Fokus und in den letzten 35 Minuten widmet sich der Film dem Sterben und dem Tod Seans. Er endet mit einer erneuten Parallelmontage: Zum einen sehen wir Nathan und Thibault beim Sex in der Nacht nach Seans Tod und zum anderen Seans politisches Begräbnis – eine Aktion, bei der seine Asche während eines Empfangs einer Versicherung auf dem Buffet verstreut wird.4

Der Hörsaal ist im Film als Treffpunkt der Ort, an dem alles zusammenfließt. Dort zeigt sich am deutlichsten, dass 120 BPM ein Film über die (über-)lebenswichtige Funktion des Zusammenhandelns ist,5 und wie dabei – in der Versammlung der Körper – eine Allianz entsteht. Wenn man ACT UP als einen Gemeinschaftskörper betrachtet, stellen die Treffen im Hörsaal, diesem »große[n] weiße[n] Raum ohne Fenster«, das »Gehirn« dar.6 Campillo, der ab 1992 bei ACT UP Paris aktiv war, stellt seine Erfahrung der wöchentlichen Treffen zusammenfassend dar: »Es war ein Prozess der kollektiven Selbstermächtigung«7 durch Sprechen.8

Ausgehend von den Szenen im Hörsaal gehe ich im Folgenden dem nach, was ich als »Ästhetik des Präsentischen« bezeichnen möchte – in Anlehnung an Isabell Loreys Überlegungen zur »Präsentischen Demokratie«;9 einem Konzept, das Lorey unter anderem mit Bezug auf Walter Benjamins geschichtsphilosophischen und zeitpolitischen Begriff der »Jetztzeit« entwickelt.10 Ausgehend von den Besetzungsbewegungen der 2010er Jahre und deren Politiken der Vielen, die Lorey als konstituierende Prozesse versteht, zielt sie auf eine Kritik an der liberalen repräsentativen Demokratie, die einem linearen Geschichtsverständnis anhängt.11 Benjamins »Jetztzeit« geht ebenfalls von Kämpfen in der Gegenwart aus, die im Bezug auf frühere Kämpfe einen Bruch mit der linearen, »homogene[n] und leere[n] Zeit« produziert.12

Diese Überlegungen und Konzepte sind hier deshalb relevant, weil 120 BPM die Kämpfe von ACT UP Paris nicht einfach als vergangene zeigt, sondern die Verbindungen von Gegenwart und Vergangenheit als performative Vergegenwärtigungen ins Bild setzt. Entlang dieser These soll im Folgenden die queere Zeitpolitik des Films aufgefaltet und entlang der inszenierten Versammlungen die Verschränkung von Erinnerung, Reenactment, Jetztzeit und »affektiver Geschichtsschreibung«13 nachvollzogen werden. Es soll gezeigt werden, auf welche Weise der Film die frühen 1990er Jahren, die härteste Zeit der AIDS-Epidemie in Frankreich wie in den USA, und die heutige Zeit (die Zeit der Aufnahme, wie die Zeit der Aufführung) gleichermaßen ästhetisch und affektiv verbindet. Ich nähere mich hierfür der filmischen Darstellung der Versammlung von Körpern aus drei Perspektiven: Erstens interessiere ich mich für das Setting der Versammlung und ihre performative Dimension, zweitens diskutiere ich die Szenen, die die Versammlungen zeigen, als fiktionales Reenactment bzw. mit Elizabeth Freeman als temporal drag14 und lote davon ausgehend das Verhältnis von Vergangenheit und (körperlicher) Vergegenwärtigung aus, und drittens versuche ich zu zeigen, dass die filmische Erinnerung innerfilmisch eine »Jetztzeit« im Sinne Loreys/Benjamins konstruiert und frage vor diesem Hintergrund nach dem affizierenden Potential des Films.

Am Beginn dieser Auseinandersetzung steht Campillos Aussage, dass er keinen historischen Film machen wollte, in dem seine früheren, vielfach verstorbenen Mitstreiter*innen und Freund*innen als »ghosts of the past« (Geister der Vergangenheit) auftauchen, sondern einen auf seinen Erinnerungen basierenden fiktionalen Film, der die Gegenwart wieder mit der Vergangenheit verbinden sollte.15 Er selbst machte während seiner Zeit bei ACT UP Paris keine Filmaufnahmen, sondern beschreibt, dass sein Gedächtnis einer »recording machine« (Aufnahmegerät) gleich alles aufzeichnete,16 worauf er beim gemeinsamen Schreiben des Drehbuchs mit Mangeot, der von 1997 bis 1999 Vorsitzender von ACT UP Paris war, zurückgriff:

Es ist seltsam, ich habe den Film nie als historisches Stück geplant. Der Film ist ganz Erinnerung. Ich war in einem seltsamen Stadium damals, ich habe alles in meinem Kopf aufgezeichnet. Ich wollte diese Substanz hernehmen, sie in eine Architektur überführen. Es ging mir nicht um Bedeutung, sondern um die Suche nach einer Form und Perspektive. Ich wollte wissen, wie es damals funktioniert hat.17

Gemeinsam entschieden sie sich dafür, nicht einzelne reale Personen nachzuempfinden, sondern »die Musikalität der vielen verschiedenen Stimmen der Gruppe und die Intensität der Debatten während der Gruppentreffen zum Leben zu erwecken«.18 Denn »die besondere Stärke der Bewegung kam«, so Campillo, »wahrscheinlich gerade aus der Spannung zwischen diesen unterschiedlichen Individuen und Fraktionen, die nach und nach lernten, eine gemeinsame Front zu bilden«.19 Zentral hierfür war, dass das Ziel von ACT UP darin bestand, die Angst vor HIV und AIDS, die die 1980er Jahre geprägt hatten, in Stärke oder auch in Energie zu verwandeln, wie der Gründer von ACT UP Paris, Didier Lestrade, in seinem 2000 erschienenen Buch Act Up, une histoire schreibt.20

Versammlung: Die Treffen im Hörsaal

120 BPM fokussiert in fiktionaler Form auf die verschiedenen Versammlungen der Gruppe – etwa Pride-Paraden oder die-ins und an einer Stelle in der Mitte des Films auch mithilfe von Originalaufnahmen damals durchgeführter Aktionen. Mich interessiert hier jedoch vor allem eine weitere Form der Versammlung: Die in den Hörsaalszenen abgebildeten wöchentlichen Treffen, die zwar ebenfalls öffentlich sind, aber doch in einem abgeschlossenen Raum stattfinden und das, was auf der Straße politisch erkämpft wird, ausdenken, vorbereiten, auswerten. Mit Michael Warner und Chris Tedjasukmana wäre hier von einer »queeren Gegenöffentlichkeit« zu sprechen,21 verstanden als materieller Ort wie sozialer Raum, der sowohl ästhetische als auch poetische Dimensionen besitzt und »der queere Erfahrungsweisen ermöglich[t]«.22 Die Szenen im Hörsaal zeigen die Treffen der Gruppe, die dem Erscheinen auf der Straße vorausgehen, bei denen aber die Versammlung von Körpern und der Austausch zentral für das sind, was ACT UP ausmachte, nämlich die bereits zitierte Transformation von Angst in Energie, Stärke, gemeinsames Handeln. Die Gruppentreffen setzen die gleichermaßen an sich selbst wie an die Öffentlichkeit gerichtete Forderung des »ACT UP«, ebenso wie den Slogan »Action = Life« um und verkehren die Losung »Silence = Death« in ihr Gegenteil: Sprechen = Leben.

Gegenwärtige Versammlungstheorien haben sich vor allem ausgehend von den verschiedenen Besetzungsbewegungen in New York, Athen, Istanbul und in Spanien oder den Arabischen Revolutionen mit Versammlungen in der Öffentlichkeit beschäftigt, wobei damit meist Versammlungen auf der Straße, auf Plätzen, unter freiem Himmel gemeint waren.23 Auch Judith Butlers Überlegungen zu einer performativen Theorie der Versammlung, auf die ich mich im Folgenden beziehe, rücken diese ins Zentrum.24 Ein zentraler Gedanke Butlers ist, dass in »der Performativität de[r] Körper eine bestimmte Art des Handelns und des Sprechens« zusammen kommen, »wobei besprochen wird, was getan, und ausagiert, was gesprochen wird«.25 Im Film sind es verletzliche, gefährdete, kranke Körper (neben Schwulen, Lesben, Bisexuellen, Trans* auch Sexarbeiter*innen, Drogenabhängige, ehemals Inhaftierte und Bluter*innen), die allein dadurch, dass sie sich versammeln, aus dem Schweigen heraustreten und zugleich artikulieren und auf- bzw. ausführen, dass gemeinsames Handeln (Über‑)​Leben bedeutet. Handeln und Sprechen fallen hier zusammen, »die politische Forderung wird zugleich inszeniert und gestellt, exemplifiziert und kommuniziert«.26 Sehr deutlich zeigen die Szenen, dass die einzelnen gleichermaßen verletzlichen wie handlungsfähigen Körper stets abhängig von sozialen und anderen Netzwerken, ebenso wie von Infrastrukturen und Architekturen sind. Butler erinnert daran, dass der Begriff »queer« nicht eine Identität bezeichnet, sondern Allianz – Allianzen, die in Kämpfen für Rechte und Gerechtigkeit auf der Straße entstehen.27 Mit Bezug zu Hannah Arendt betont sie die Angewiesenheit dieser Kämpfe auf Unterstützung durch die räumlichen Gegebenheiten, etwa den Platz oder die Straße, die als materielle Umgebung an der Aktion beteiligt sind, während die Allianz der Körper ihren eigenen gleichsam mobilen Erscheinungsraum hervorbringt.28 Im Film bildet nicht nur die Straße die Infrastruktur, sondern insbesondere auch der Hörsaal, in dem das gemeinsame Versammeln auf der Straße vorbereitet wird. Und ebenso stellen die Szenen im Hörsaal das dramaturgische Gerüst, die Architektur des Films dar.

Die wöchentlichen Treffen, die im Fall von ACT UP Paris tatsächlich lange Zeit in einem Hörsaal einer Kunsthochschule stattfanden, sind als Versammlungen bereits Teil der gemeinsamen Aktion. Nach Butler artikulieren Körper, die sich in der Öffentlichkeit versammeln und so ihr Recht zu Erscheinen ausüben, ihre Forderungen für die »Möglichkeit eines lebbaren Lebens« allein dadurch, dass sie sich öffentlich versammeln.29 Im Kontext von ACT UP ist es der Angriff auf bestimmte Körper, nämlich Körper von Menschen mit AIDS,30 der die einzelnen Körper versammeln lässt; die Versammlung ist die Voraussetzung dafür, nicht nur das eigene, sondern ebenso auch andere (teilweise zukünftige) Leben zu erhalten. Die vielen Szenen im Hörsaal machen sichtbar und damit nachvollziehbar, dass das Versammeln und gemeinsame Sprechen als Zusammenhandeln gleichermaßen konfliktreich wie stärkend ist. Campillo erinnert sich im Interview an das Gefühl überbordender Freude (»jubilation«), die durch die Überwindung des Schweigens im Zusammenkommen und Sprechen bei ACT UP ausgelöst wurde.31

Reenactment als »temporal drag«

Wie ist aber der Umstand zu analysieren, dass es sich um fiktionale filmische Darstellungen von Versammlungen handelt? Ebenso wie der Club (in den Tanzszenen) dem Kino ähnelt – in seiner Herstellung eines kollektiven Moments, der den Zuschauer*innen allein, aber gemeinsam im Dunkeln wiederfährt, es sich also um Orte handelt, die als »intime Öffentlichkeit« beschrieben werden können,32 so korrespondiert auch die räumliche Anordnung des amphithéâtre, wie das Auditorium auf Französisch bezeichnet wird, mit der des Kinosaals – als sein Negativ ist es jedoch in helles Licht getaucht. Insbesondere bei der filmischen Einführung des Hörsaals zu Beginn des Films werden die Zuschauer*innen in diesen von einem Außen abgetrennten, fensterlosen Raum und seine Praktiken der Versammlung hineingezogen – weniger durch die verbalen Ausführungen der Protagonist*innen als durch die Führung der Kamera, die diese zwischendurch immer wieder verlässt und den Blick auf die Bewegungen von Körpern im Raum schweifen lässt, seien es informelle Gespräche, Vorbereitungen des Treffens oder das Eintreffen der Mitglieder.

Für die Inszenierung und Aufnahme der Treffen haben Campillo und die Kamerafrau Jeanne Lapoirie eine bestimmte Methode entwickelt:

Wir begannen damit, jede Szene von Anfang bis Ende so schnell wie möglich mit drei Kameras gleichzeitig aufzunehmen. Die Szene war dabei noch nicht richtig ausgeleuchtet, der Ton war noch nicht gut, aber wir haben es erstmal so durchgezogen. […] Take für Take haben wir dann kleine Anpassungen vorgenommen. So entstand ein gewisser Fluss.33

Die hauptsächlich queeren Schauspieler*innen ließen sich, so Campillo, auf diese langen Szenen ein.34 In den im Hörsaal gedrehten Aufnahmen scheint das Anliegen Campillos realisiert, »diese Geschichte (zu) vergegenwärtigen, als ob sie direkt hier vor unseren Augen stattfindet«.35 Campillo beschreibt weiter, wie seine Erkenntnis, dass die jungen Darsteller*innen bis dahin sehr wenig oder nichts über das Ausmaß der Epidemie und die Geschichte von ACT UP Paris wussten, ihn während des Drehs dazu veranlasste, den Film als eine Genealogie von AIDS und des Kampfes dagegen zu denken, allerdings aus einer emotionalen, sinnlichen Perspektive. Die Fiktionalisierung der Erinnerung ermöglicht die performative Vergegenwärtigung und die Überführung des Geschehens als ein von den Darsteller*innen Erlebtes ins Heute der Produktion.

Bevor ich darauf eingehe, welche zeitpolitischen Konsequenzen sich aus diesem Ansatz ergeben, den man mit Shawn Michelle Smith auch als eine Form von »Vergangenheit fühlen« (Feel the Past)36 bezeichnen könnte, sei hier kurz daran erinnert, dass die Dimension der Verkörperung für ACT UP von grundlegender Bedeutung war: Nämlich einerseits im Hinblick auf die Selbstrepräsentation von Menschen mit AIDS und andererseits als physische Versammlung und Aktion von Körpern mit AIDS – unter der Prämisse, dass alle bei ACT UP unabhängig von ihrem Status in der Öffentlichkeit als Menschen mit AIDS auftreten und wahrgenommen werden.

Im Film verkörpern vorwiegend queere Schauspieler*innen Menschen mit AIDS und performen oder (re-)enacten die damaligen, aber für den Film fiktionalisierten Debatten und Aktionen. Die Performances der Schauspieler*innen basieren also auf den persönlichen Erinnerungen an erlebte Ereignisse. Wichtig ist hier auch die Kleidung der frühen 1990er Jahre, die weit geschnittenen Bomberjacken und Jeans, die nicht nur körperliche Bewegungen und Gesten, sondern, wie Mangeot betont, auch die Zeit hervorbringen, der sie entstammen:

Maybe the cut is one centimetre more, but I watched them walking in those jeans and it’s incredible, because one centimetre changes completely the way you move and suddenly I got the impression that they were us. I was back, and it was so moving.37

Die Darstellung der Schauspieler*innen aktiviert also die fiktionalisierte Vergangenheit in der Gegenwart – und zwar performativ durch den Vollzug ohne direktes (audiovisuelles) Vorbild. Damit unterscheidet sich 120 BPM auf entscheidende Weise von den Reenactments von Aktionen von ACT UP New York, wie sie etwa in der ersten Folge der zweiten Staffel der Serie Pose zu sehen sind.38 In Pose dienen die während der Aktionen aufgezeichneten Videos als Ausgangsmaterial der Inszenierung, etwa der »Stop the Church«-Aktion in der St. Patrick’s Cathedral in New York City am 10. Dezember 1989 – und damit wird nicht nur der Aktion selbst, sondern auch dem Video-Aktivismus von ACT UP New York ein Denkmal gesetzt.39 Allerdings widerspricht gerade das Bemühen um Originaltreue, das sich durch die remediatisierende Bezugnahme auf filmische Quellen ergibt, in Pose einem affektiven Zugang des »Fühlens der Vergangenheit«.40 Elizabeth Freeman betont:

We can »feel« the past only through a second-order representation of it, in a visual or linguistic medium that evokes other senses, or through a physical reenactment that, given the new context in which it takes place, can never be a perfect capture. But even reenactment cannot recreate the way that performances worked in their own moment to recruit beholders into their scene.41

In 120 BPM sind es also die in das Drehbuch von Campillo und Mangeot eingeflossenen Erinnerungen, die die Performances der Darsteller*innen anleiten, dabei aber gerade auf die originalgetreue Umsetzung des Gewesenen verzichten. Gleichwohl handelt es sich um körperliche Aktualisierungen der erinnerten und für den Film fiktionalisierten Vergangenheit. Sie zeichnen sich, so lässt sich mit Rebecca Schneider festhalten, durch eine »synkopierte Zeit« aus, »in der sich Damals und Jetzt gegenseitig unterbrechen«.42 Sie führt aus, dass etwa durch »den Überrest der Geste oder der übergreifenden Zeitlichkeit der Pose« eine Berührung der Vergangenheit ermöglicht werde.43

Schneider bezieht sich hier unter anderem auf Elizabeth Freemans Überlegungen zur Queerness von zeitlichen Reenactments, die diese unter dem Begriff »temporal drag« als generationsübergreifende Auseinandersetzung fasst.44 Freeman geht es mit diesem Begriff vor allem darum, auf die Verbindungen von queerer Performativität zu geleugneten oder nicht erinnerten politischen Geschichten hinzuweisen. Sie fragt, »ob einige Körper eine Art zeitlicher Transitivität artikulieren können, indem sie auf ihren eigenen Oberflächen die Kopräsenz einiger historisch spezifischer Ereignisse, Bewegungen, und kollektive Vergnügen registrieren«45 und führt schließlich aus, dass die Vergangenheit gerade nicht nur vergangen, sondern auch co-präsent sei.46 Diese unterbrechende Energie affektiver Übertragung kann als dasjenige verstanden werden, was, wie Schneider ausführt, Vergangenheit und Gegenwart gegenseitig punktiert.47

Freemans Ausführungen stehen in Beziehung zur von ihr beobachteten reparativen Methode der »erotohistoriography«, die sie in Literatur und fiktionalen Filmen am Werk sieht:

Erotohistoriography is distinct from the desire for a fully present past, a restoration of bygone times. Erotohistoriography does not write the lost object into the present so much as encounter it already in the present, by treating the present itself as hybrid. And it uses the body as a tool to effect, figure, or perform that encounter. […] It sees the body as a method, and historical consciousness as something intimately involved with corporeal sensations.48

In den filmischen Reenactments von Campillos Erinnerungen in 120 BPM werden die Körper der Schauspieler*innen zu Werkzeugen, die die Begegnung mit der Vergangenheit in der Gegenwart ermöglichen, wobei die Gegenwart als von der Vergangenheit durchzogen zu denken ist. Die Körper der Darsteller*innen bringen im performativen Vollzug der Reenactments die von Campillo beschriebene »elektrisierende« und »jubilierende« Stimmung – selbst oder gerade in Situationen des Konflikts –, die bei den Treffen kollektiv erfahren wurde, hervor und für die Zuschauer*innen zur Darstellung.49

Das Medium Film zeichnet sich allerdings dadurch aus, dass es die Gegenwart der Aufzeichnung zeigt, ich aber als Zuschauer*in immer von dieser getrennt bzw. abwesend bin. Mit Simon Rothöhler und Stanley Cavell lässt sich hier von einer Gegenwärtigkeit sprechen, die »die zeitliche Distanz zur Vergangenheit selbst ästhetisch erfahrbar macht«.50 Denn: »Ein Film, der ein profilmisches Reenactment inszeniert und dokumentiert, verdoppelt so gesehen die bereits medial gegebene Konstellation: Er re-präsentiert eine Repräsentation von Geschichte.«51 In 120 BPM sind es die im Drehbuch notierten mentalen Erinnerungen, die durch das Reenactment der Schauspieler*innen zur Aufführung kommen, die wiederum mit der Kamera aufgezeichnet wird. Mit Rothöhler weitergedacht, ließe sich argumentieren, dass dadurch eine Gegenwärtigkeit entsteht, die den Eindruck vermittelt, die Körper und Gesten seien weniger vergangen als aktualisierbar, das heißt wiederholbar.52

Damit vertraut Campillo der Affizierung seiner Schauspieler*innen durch seine in das Drehbuch eingeflossenen fiktionalisierten Erinnerungen – reenactet werden also nicht einfach oder ausschließlich historische Ereignisse, sondern vielmehr die Erinnerung an eine erlebte Situation, die eine Bewegung durch virale wie erotisch-elektrisierende Übertragung, Affizierung entstehen ließ. Diese Idee kommt gleich zu Beginn des Films zur Darstellung, wenn in der Szene im Club die Kamera sich nach oben zurückzieht und schließlich nicht mehr die tanzenden Körper, sondern die diese umgebenden, zwischen ihnen schwirrenden Partikel im Raum zu sehen sind. Campillo und Lapoirie machen sich hier die Fähigkeit der Kamera (mit Hilfe digitaler Bearbeitung) zunutze, filmisch etwas wahrnehmbar zu machen, was außerfilmisch unsichtbar bleibt, um die erotisch-affektive wie virale Übertragung als mediale zu zeigen, was erkennbar wird, wenn aus den flirrenden Partikeln sich eine Ansicht des Virus herausschält, die zurück in den Hörsaal führt (s. Abb. 11). Das Virus und die damit verbundene Lebensgefahr unterbrechen hier jedoch nicht die Erotik/Affizierung, sondern verstärken diese.53

Affektive Geschichtsschreibung und aktivierende Kinoerfahrung

Ob und wie die für das filmische Reenactment zentrale Affizierung die Leinwand überschreitet, möchte ich abschließend anhand einer Montagesequenz in der Mitte des Films weiter vertiefen: In zahlreichen kurzen Szenen erzählt sie vom Sterben des jungen Aktivisten Jérémy. Sie beginnt im Hörsaal in der Pause eines Treffens und endet mit seinem politischen Begräbnis. Zwischen die Einstellungen, die die zunehmende Verschlechterung von Jérémys Zustand und schließlich den Trauerzug zeigen, sind Originalaufnahmen von Aktionen von ACT UP Paris geschnitten, die sich inhaltlich mit dem Monolog verbinden, der während der gesamten Dauer der Sequenz aus dem Off zu hören ist. Mit Fokus auf das Verhältnis von filmischer Vergegenwärtigung und Erinnerung soll gezeigt werden, dass sich die (queere) Zeitpolitik der Sequenz dadurch auszeichnet, dass die innerdiegetische Zeit als »Jetztzeit« etabliert wird.

In »Über den Begriff der Geschichte« formuliert Walter Benjamin, dass »Vergangenes historisch artikulieren heißt […], sich einer Erinnerung zu bemächtigen, wie sie im Augenblick einer Gefahr aufblitzt«.54 Für Benjamin ist Geschichte »Gegenstand einer Konstruktion, deren Ort nicht die homogene und leere Zeit sondern die von Jetztzeit erfüllte bildet«.55 Wie Lorey in einem ihrer Aufsätze zur »Präsentischen Demokratie« ausführt, ist die »Jetztzeit […] eine Konstellation zwischen dem Jetzt und dem Vergangenen, in der die Konstruktion von Geschichte offensichtlich wird. Jetztzeit ist die Zeit, in der Kämpfe stattfinden (die jedoch nicht notwendigerweise das Kommando der herrschenden Klasse aufsprengen).«56 Um das Verhältnis von Gegenwart und Vergangenheit zu bestimmen, führt Benjamin die Figur des »Tigersprungs ins Vergangene« ein. Die Kämpfe der Jetztzeit vollziehen einen »Tigersprung ins Vergangene«, die so einen Bruch mit der Kontinuität der Geschichte (der Sieger) hervorrufen und in der Vergangenheit, das heißt in vergangenen Kämpfen, »das Aktuelle aufspür[en]«.57

In der eben skizzierten Sequenz wird filmisch ein doppelter Tigersprung versucht, »im Augenblick der Gefahr«,58 der im Film als vergangen und zugleich gegenwärtig gezeigt und mit zwei Erinnerungen kurzgeschlossen wird: In seinem Monolog evoziert Jérémy die Erinnerung an den 23. Februar 1848, als nach der gewaltsamen Niederschlagung von Protesten die Leichen auf Karren durch Paris gezogen wurden, um Öffentlichkeit für die Ermordeten und die Umstände ihres Todes zu schaffen: »Diese Leichenparade [läutete] das Ende der Monarchie ein.« Auf der Bildebene sehen wir parallel dazu Footage von verschiedenen, in den frühen 1990er Jahre durchgeführten militanten Aktionen von ACT UP Paris: Ist im Monolog etwa von Barrikaden die Rede, sehen wir im Bild, wie Barrikaden gebaut werden (s. Abb. 13 und Abb. 14).

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Abb. 13–14. 120 BPM, Regie: Robin Campillo (Les Films de Pierre, 2017), Screenshots, Copyright Edition Salzgeber/Les Films de Pierre.

Mit dieser Verbindung von Kämpfen in der Mitte des 19. Jahrhunderts mit denen am Ende des 20. Jahrhunderts vollzieht der Film einen Tigersprung, der durch die zeitliche Differenz zwischen dem »Jetzt« der innerdiegetischen Zeit und dem der auf Video dokumentierten, aber kaum erinnerten Aktionen von ACT UP Paris verdoppelt wird. Am deutlichsten wird dies an dem Trauerzug für Jérémy am Ende der Sequenz, wenn die Straßen von Paris etwa an den Schaufenstern der Geschäfte als heutige (zum Zeitpunkt der Aufnahme) und der Zug selbst als Reenactment der vergangenen Kämpfe erkennbar werden, auch wenn hier wiederum nicht versucht wird, sich dem Original des Footage anzunähern (s. Abb. 15–18). Sichtbar wird hier vielmehr das Jetzt der Aufnahme als Moment, der den Tigersprung notwendig und möglich macht. Denn, wie Lorey betont, ist die Jetztzeit »gerade keine Zeitlichkeit, die selbstidentisch bei sich bleibt, als unmittelbare Präsenz, als Authentizität von Körper und Affekt oder als reine Befindlichkeit«.59 Vielmehr »ist [sie] konstruktive Zeitlichkeit, in der die Splitter der Geschichte neu zusammengesetzt werden, in der Geschichte unentwegt entsteht. Jetztzeit ist schöpferischer Mittelpunkt, kein Übergang des Vergangenen in die Zukunft.«60 Campillo weiß um die Rekursivität von Geschichte und Erinnerungen und bringt die vergangenen Kämpfe in dieser Sequenz als aktuelle ins Bild, die nicht nur die Geschichte neu zusammensetzt, sondern die Möglichkeit heutiger Kämpfe eröffnet.

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Abb. 15–18. 120 BPM, Regie: Robin Campillo (Les Films de Pierre, 2017), Screenshots, Copyright Edition Salzgeber/Les Films de Pierre.

Chris Tedjasukmana bezieht sich in seiner Studie zur ästhetischen Erfahrung im Kino, Mechanische Verlebendigung, auf Benjamins konstruktive Geschichtspolitik, um seine These der affektiven Geschichtsschreibung zu entwickeln und rückt sie in die Nähe der Trauerarbeit bei Sigmund Freud. Er erinnert daran, dass die Konstruktion, das Zusammentreffen von Gegenwart und Vergangenheit in der Jetztzeit, sich am Modell der Filmmontage orientiert. Der Bezug zur Trauer ist deshalb relevant, weil die affektive Geschichtsschreibung, worunter Tedjasukmana ein erweitertes Verständnis der ästhetischen Erfahrung im Kino fasst, insbesondere im »Zeichen der Trauer« stehe.61 Es gehe dabei um die ästhetische Produktion negativer Affekte, die niemals nur negativ sind, gerade weil sie ästhetisch erfahren werden und sich mit der Lust an der Filmerfahrung verbinden. Worauf es Tedjasukmana ankommt ist, dass der Film aber als fiktionale ästhetische Form, »das Potenzial einer affektiven Erfahrung verlorener Möglichkeiten« besitzt,62 die sich aus der Verlebendigung des Vergangenen ergibt und eine Verbindung zwischen Zeiten und Räumen herstellt, in der Vergegenwärtigung und Aktualisierung, Erinnerung und Trauer gleichzeitig auftreten.63 Das Potenzial von Kino-Affekten beschränkt sich aber, so lässt sich an 120 BPM sehr gut sehen, nicht darauf, nur schlechte Gefühle wahrnehmbar zu machen, sondern auch gute, aber gleichermaßen vergessene, verdrängte, geleugnete, wie etwa die »Energie« und der »Jubel«, die in den Reenactments der Versammlungen im Hörsaal zur Aufführung kommen und zugleich dabei entstehen.

Dies deutet auf die »Vorstellung des Glücks«, die, so ließe sich mit Bezug zu Benjamin sagen, mit der eigenen Erfahrung in der Gegenwart verbunden und zugleich »durch und durch von der Zeit tingiert« ist.64 In dieser Vorstellung »schwingt […] unveräußerlich die der Erlösung mit«. Dieser Bezug zur Erlösung ergibt sich für Benjamin aus einem »heimlichen Index«, einer »geheimen Verabredung zwischen den gewesenen Geschlechtern und unserem« und äußert sich als »schwache messianische Kraft […], an welche die Vergangenheit Anspruch hat«.65 Wie Astrid Deuber-Mankowsky ausführt, kann die »schwache messianische Kraft« gerade aufgrund der »geheimen Verabredung« als Aufruf zur Selbstverantwortung verstanden werden, der sich daraus ableitet, dass »wir auf der Erde erwartet worden« sind:66 »That means nothing other than that it is we, or rather it is every new generation, from whom salvation is expected.67 Und damit ermöglicht die Verabredung mit den Verstorbenen eine Öffnung auf eine mögliche Zukunft.68

120 BPM scheint um diese »geheime Verabredung« zu wissen; diese überträgt sich auch, so möchte ich abschließend argumentieren, in den affektiven Querverbindungen zwischen Leinwandgeschehen und Zuschauer*innen. Wie Deuber-Mankowsky an anderer Stelle ausführt, deutet Gilles Deleuze »Kunstwerke als bewahrte Empfindungen«.69 Nach Deleuze besteht das Ziel der Kunst darin, »den Affekt den Affektionen als Übergang eines Zustands in einen anderen zu entreißen«.70 Ausgehend von dieser Beobachtung lassen sich Affekte als »Werdensprozesse« fassen.71 Deuber-Mankowsky schreibt: Affekte »öffnen einen Raum der Differenz, der zugleich ein Raum des Wünschens ist, in dem sich gegenwärtige Wünsche und gegenwärtiges Begehren und längst vergangene Wünsche und längst vergangenes Begehren durchkreuzen«.72 Damit ermöglicht die ästhetische Erfahrung nicht nur einen Zugang zur Gegenwart, »sondern auch zur Potentialität der Vergangenheit«.73

Die Ästhetik des Präsentischen in 120 BPM, die im Zusammenspiel von Reenactments und fließender wie verdichtender (Parallel‑)​Montage entsteht, macht die Dringlichkeit aber auch die Potentialität der damaligen Situation ästhetisch erfahrbar und wird zugleich auch als filmische Trauerarbeit erkennbar, die aber im Tigersprung die Gegenwart hin auf eine Zukunft öffnet. Der Film zeigt die lebenswichtige Funktion, die das Versammeln, das Sprechen – kurz, das Zusammenhandeln – in den Kämpfen von ACT UP angesichts des möglichen Todes hatte und hat. Zentral sind hierfür die vielfältigen Verbindungen, die zwischen den Einzelnen temporär oder gar langfristig entstehen – ausgelöst durch das Begehren und die Glücksmomente des gemeinsamen Handelns. Deuber-Mankowsky erinnert daran, dass Deleuze die Potentialität an »möglichen Bezugnahmen auf das öffentliche Ereignis der Revolution« festmacht,74 für die irrelevant ist, ob diese gescheitert ist oder nicht, wichtig sind allein die »Schwingungen, […] Umklammerungen, […] Öffnungen, die sie den Menschen im Moment ihres Vollzugs gab«.75 Der »Sieg einer Revolution« bemisst sich daher »in den neuartigen Banden, die sie zwischen den Menschen stiftet«, wie flüchtig diese auch sein mögen.76 120 BPM zeigt uns die Potentialität der vergangenen Kämpfe als Vergegenwärtigung, die diese auf Basis der so neu entstehenden, affektiven Verbindungen – auch außerfilmisch – wiederholbar macht.

Anmerkungen

  1. 120 BPM, Regie: Robin Campillo (Les Films de Pierre, 2017).
  2. Bei allen Auszügen aus dem Dialog handelt es sich um direkte Zitate der deutschen Untertitel der DVD-Veröffentlichung von Edition Salzgeber (2018). Vgl. auch Act Up Paris <https://www.actupparis.org> [Zugriff: 10. Oktober 2020].
  3. Vgl. AIDES <https://www.aides.org/> [Zugriff: 3. Juni 2021].
  4. Diese Szene zitiert das politische Begräbnis von Cleews Vellay, der von 1992 bis zu seinem Tod 1994 Präsident von ACT UP Paris war. Campillo erinnert sich nicht mehr, ob damals wirklich echte Asche verstreut wurde – oder nicht. Robin Campillo zitiert nach Didier Péron, »Robin Campillo: ›Chaque action d’ACT UP était déjà enrobée par la fiction‹«, Libération, 20. August 2017 <https://www.liberation.fr/france/2017/08/20/robin-campillo-chaque-action-d-act-up-etait-deja-enrobee-par-la-fiction_1590949> [Zugriff: 3. Juni 2021].
  5. Handeln und insbesondere »acting together« ist für Hannah Arendt nicht nur Grundlage des Politischen sondern stellt auch Öffentlichkeit her. Vgl. Hannah Arendt, The Human Condition, 2. Ausgabe (Chicago: University of Chicago Press, 1998), S. 198.
  6. Jan Künemund, »AIDS hat meine Jugend zerstört«, Interview mit 120 BPM-Regisseur Robin Campillo, Spiegel Online, 1. Dezember 2017 <https://www.spiegel.de/kultur/kino/aids-120-bpm-regisseur-robin-campillo-ueber-sex-und-die-achtziger-a-1180966.html> [Zugriff: 3. Juni 2021].
  7. »Im Kampf gegen Aids: Eine filmische Hommage an die Aktivisten der ersten Stunde«, Titel Thesen Temperamente, ARD, 19. November 2017.
  8. Künemund, »AIDS hat meine Jugend zerstört«.
  9. Vgl. u. a. Isabell Lorey, »Präsentische Demokratie. Eine Neukonzeption der Gegenwart«, in Der documenta 14 Reader, hg. v. Quinn Latimer und Adam Szymczyk (München: Prestel, 2017), S. 169–202; Isabell Lorey, Demokratie im Präsens. Eine Theorie der politischen Gegenwart (Berlin: Suhrkamp, 2020).
  10. Walter Benjamin, »Über den Begriff der Geschichte«, in ders., Gesammelte Schriften, hg. v. Hermann Schweppenhäuser und Rolf Tiedemann, 7 Bde. (Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1972–91), i (1974), S. 691–704.
  11. Vgl. Lorey, »Präsentische Demokratie«, S. 171–73.
  12. Walter Benjamin, »Über den Begriff der Geschichte«, S. 701.
  13. Chris Tedjasukmana, Mechanische Verlebendigung: Ästhetische Erfahrung im Kino (Paderborn: Fink, 2014).
  14. Elizabeth Freeman, Time Binds: Queer Temporalities, Queer Histories (Durham, NC: Duke University Press, 2010).
  15. Campillo in Todd Sekuler und Agata Dziuban, Remembering HIV Activism Tomorrow – Engaging with an Ongoing History of Struggle. Discussion with Robin Campillo, Dokumentation der Veranstaltung im Friedrichshain-Kreuzberg-Museum am 13. November 2017, Bonusmaterial der DVD-Veröffentlichung von 120 BPM der Edition Salzgeber.
  16. Ebd. Die hier aufgerufene Passivität der »Aufzeichnung« ist vor dem Hintergrund der Rekonstruktivität des Gedächtnisses bzw. der Nachträglichkeit der Erinnerung zu befragen.
  17. Dominik Kamalzadeh, »›120 BPM‹ von Robin Campillo: ›Ich hatte alles im Kopf aufgezeichnet‹«, Der Standard, 1. Januar 2018 <https://www.derstandard.de/story/2000071204136/robin-campillo-ich-hatte-alles-im-kopf-aufgezeichnet> [Zugriff: 3. Juni 2021].
  18. Robin Campillo, »Regisseur Robin Campillo über seinen Film«, Salzgeber <http://www.salzgeber.de/120bpm> [Zugriff: 28. März 2020]. Nichtsdestotrotz gibt es die Rahmenhandlung der Liebesgeschichte, die einerseits durch Campillos persönliche Erfahrung motiviert scheint, aber auch als Zugeständnis an kommerzielle Interessen gedeutet werden kann.
  19. Ebd.
  20. Didier Lestrade, Act Up, une histoire (Paris: Denoël, 2000), S. 96.
  21. Michael Warner, »Publics and Counterpublics«, Quarterly Journal of Speech, 88.4 (2002), S. 413–25; Chris Tedjasukmana, »Feel Bad Movement: Affekt, Aktivismus und queere Gegenöffentlichkeit«, in I is for Impasse. Affektive Querverbindungen in Theorie_Aktivismus_Kunst, hg. von Käthe von Bose, Ulrike Klöppel, Katrin Köppert, Karin Michalski und Pat Treusch (Berlin: b_books, 2015), S. 19–32.
  22. Tedjasukmana, »Feel Bad Movement«, S. 26.
  23. U. a. Isabell Lorey, Jens Kastner, Tom Waibel und Gerald Raunig, Occupy! Die aktuellen Kämpfe um die Besetzung des Politischen (Wien: Turia + Kant, 2012); The Art of Being Many: Towards a New Theory and Practice of Gathering, hg. v. geheimagentur, Martin Jörg Schäfer und Vassilis Tsianos (Bielefeld: transcript, 2016); Michael Hardt und Antonio Negri, Assembly (Oxford: Oxford University Press, 2017).
  24. Judith Butler, Notes towards a Performative Theory of Assembly (Cambridge, MA: Harvard University Press, 2015).
  25. Ebd., S. 7.
  26. Ebd., S. 12.
  27. Ebd., S. 70.
  28. Ebd., S. 71, 73, 77.
  29. Übers. M.F., Orig.: »a possibility of a livable life«; siehe ebd., S. 25.
  30. Vgl. Douglas Crimp, »Porträts von Menschen mit AIDS (1992)«, in Gender & Medien Reader, hg. v. Kathrin Peters und Andrea Seier (Zürich: Diaphanes, 2016), S. 159–76.
  31. Sekuler und Dziuban, Remembering HIV Activism Tomorrow.
  32. Heide Schlüpmann, Öffentliche Intimität. Die Theorie im Kino (Frankfurt a. M.: Stroemfeld, 2002).
  33. Campillo, »Regisseur Robin Campillo über seinen Film«.
  34. Ebd.
  35. Übers. M.F., Orig.: »I wanted to make this story present, like it’s happening right here in front of our eyes«; siehe Sekuler und Dziuban, Remembering HIV Activism Tomorrow.
  36. Vgl. Shawn Michelle Smith, »Photographic Reenactments: Carrie Mae Weems’s Constructing History«, Vortrag gehalten im Rahmen der Ringvorlesung »Violence in the Arts« des DFG-Graduiertenkollegs »Das Wissen der Künste«, Universität der Künste Berlin, 28. Januar 2019.
  37. Philippe Mangeot in Stephen A. Russell, »In Love and War: Philippe Mangeot on Writing 120 BPM«, Special Broadcasting Service, 7. März 2018 <https://www.sbs.com.au/movies/article/2018/03/05/love-and-war-philippe-mangeot-writing-bpm> [Zugriff: 3. Juni 2021]; siehe auch Campillo, »Regisseur Robin Campillo über seinen Film«.
  38. Pose, Konzept: Ryan Murphy, Brad Falchuk und Steven Canals (Color Force, Fox 21 Television Studios, FX Network, 2018–21).
  39. Rebecca Patton, »Images of the Die-In that Inspired the One on ›Pose‹ Will Take your Breath Away«, Bustle, 11. Juni 2019 <https://www.bustle.com/p/photos-of-real-act-up-protests-the-pose-die-in-show-just-how-realistic-the-show-is-17995291> [Zugriff: 3. Juni 2021]; Michael J. O’Loughlin, »›Pose‹ Revisits Controversial AIDS Protest inside St. Patrick’s Cathedral«, America: The Jesuit Review, 21. Juni 2019 <https://www.americamagazine.org/arts-culture/2019/06/21/pose-revisits-controversial-aids-protest-inside-st-patricks-cathedral> [Zugriff: 3. Juni 2021]. Zum AIDS-Videoaktivismus vgl. u. a. Gregg Bordowitz, »Picture of a Coalition«, in ders., The AIDS Crisis Is Ridiculous and Other Writings (Cambridge, MA: MIT Press, 2004), S. 19–41; Jim Hubbard, »AIDS-Videoaktivismus und die Entstehung des ›Archivs‹«, in Queer Cinema, hg. v. Dagmar Brunow und Simon Dickel (Mainz: Ventil, 2018), S. 82–105.
  40. Die Serie porträtiert die New Yorker Ballroom-Subkultur aus Perspektive von mehreren trans* Frauen. Vorlage hierfür war der Dokumentarfilm Paris Is Burning, Regie: Jennie Livingston (Off White Productions, 1990), der auch ein wichtiger Bezugspunkt in Butlers Geschlechtertheorie ist. Vgl. Judith Butler, Körper von Gewicht. Die diskursiven Grenzen des Geschlechts, übers. v. Karin Wördemann (Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1997), S. 171–97.
  41. Elizabeth Freeman, Beside You in Time: Sense Methods and Queer Sociabilities in the American Nineteenth Century (Durham, NC: Duke University Press, 2019), S. 18–19.
  42. Übers. M.F., Orig.: »syncopated time […] where then and now punctuate each other«; siehe Rebecca Schneider, Performing Remains: Art and War in Times of Theatrical Reenactment (London: Routledge, 2011), S. 2.
  43. Übers. M.F., Orig.: »the residue of the gesture or the cross-temporality of the pose«; siehe ebd.
  44. Freeman, Time Binds, S. 62.
  45. Übers. M.F., Orig.: »Might some bodies, in registering on their very surfaces the co-presence of several historically specific events, movements, and collective pleasures […] articulate […] a kind of temporal transitivity […]?« Siehe Elizabeth Freeman, »Packing History, Count(er)ing Generations«, New Literary History, 31.4 (2000), S. 727–44, hier S. 729.
  46. Vgl. ebd., S. 742.
  47. Schneider, Performing Remains, S. 15.
  48. Freeman, Time Binds, S. 96–97.
  49. Sekuler und Dziuban, Remembering HIV Activism Tomorrow.
  50. Simon Rothöhler, Amateur der Weltgeschichte. Historiographische Praktiken im Kino der Gegenwart (Zürich: Diaphanes, 2011), S. 46; Rothöhler bezieht sich hier auf Stanley Cavell, The World Viewed: Reflections on the Ontology of Film (Cambridge, MA: Harvard University Press, 1979), S. 23, 26.
  51. Ebd., S. 48.
  52. Ebd., S. 48–49.
  53. »I had a friend with HIV whose boyfriend was dying, and he told me, ›Maybe I’m not in love with him, maybe it’s because of the disease that I feel love.‹ Gay couples then – it’s not like now – were sometimes only together for six months before one died. And you had to share death with someone you maybe didn’t know so well«; siehe Campillo in Roger Clarke, »The Body Politic«, Sight & Sound, 28.5 (May 2018), S. 18–21, hier S. 21.
  54. Benjamin, »Über den Begriff der Geschichte«, S. 695.
  55. Ebd., S. 701.
  56. Lorey, »Präsentische Demokratie«, S. 177.
  57. Ebd., S. 180.
  58. Benjamin, »Über den Begriff der Geschichte«, S. 695.
  59. Isabell Lorey, »Präsentische Demokratie. Exodus und Tigersprung«, transversal blog, Juni 2014 <https://transversal.at/blog/praesentische-demokratie> [Zugriff: 3. Juni 2021].
  60. Ebd.
  61. Chris Tedjasukmana, Mechanische Verlebendigung, S. 189.
  62. Ebd., S. 190.
  63. Vgl. Tedjasukmana, »Feel Bad Movement«, S. 30.
  64. »Glück, das Neid in uns erwecken könnte, gibt es nur in der Luft, die wir geatmet haben, mit Menschen, zu denen wir hätten reden, mit Frauen, die sich uns hätten geben können.« Siehe Benjamin, »Über den Begriff der Geschichte«, S. 693. Ich danke Astrid Deuber-Mankowsky für den Hinweis auf die zweite These aus diesem Aufsatz sowie auf ihre Auseinandersetzung mit dieser, vgl. Astrid Deuber-Mankowsky, »The Image of Happiness We Harbor: The Messianic Power of Weakness in Cohen, Benjamin, and Paul«, übers. v. Catharine Diehl, New German Critique, 35.3 (105) (Fall 2008), S. 57–69, insb. S. 68–69.
  65. Benjamin, »Über den Begriff der Geschichte«, S. 693–94.
  66. Ebd., S. 694.
  67. Deuber-Mankowsky, »The Image of Happiness We Harbor«, S. 69.
  68. Ebd.
  69. Astrid Deuber-Mankowsky, Queeres Post-Cinema. Yael Bartana, Su Friedrich, Todd Haynes, Sharon Hayes (Berlin: August Verlag, 2017), S. 70.
  70. Gilles Deleuze und Félix Guattari, Was ist Philosophie? (Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 2000), S. 196.
  71. Deuber-Mankowsky, Queeres Post-Cinema, S. 70.
  72. Ebd.
  73. Ebd., S. 71.
  74. Ebd.
  75. Deleuze und Guattari, Was ist Philosophie?, S. 209.
  76. Ebd.

Quellenangaben

Bibliografie

  1. Arendt, Hannah, The Human Condition, 2. Ausgabe (Chicago: University of Chicago Press, 1998)
  2. Benjamin, Walter, Gesammelte Schriften, hg. v. Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser, 7 Bde. (Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1972–91)
  3. »Über den Begriff der Geschichte«, in ders., Gesammelte Schriften, i (1974), S. 691–704
  4. Bordowitz, Gregg, »Picture of a Coalition«, in ders., The AIDS Crisis Is Ridiculous and Other Writings (Cambridge, MA: MIT Press, 2004), S. 19–41
  5. Butler, Judith, Körper von Gewicht. Die diskursiven Grenzen des Geschlechts, übers. v. Karin Wördemann (Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1997)
  6. Notes towards a Performative Theory of Assembly (Cambridge, MA: Harvard University Press, 2015) <https://doi.org/10.4159/9780674495548>
  7. Cavell, Stanley, The World Viewed: Reflections on the Ontology of Film (Cambridge, MA: Harvard University Press, 1979)
  8. Clarke, Roger, »The Body Politic«, Sight & Sound, 28.5 (May 2018), S. 18–21
  9. Crimp, Douglas, »Porträts von Menschen mit AIDS (1992)«, in Gender & Medien Reader, hg. v. Kathrin Peters und Andrea Seier (Zürich: Diaphanes, 2016), S. 159–76
  10. Deleuze, Gilles und Félix Guattari, Was ist Philosophie?, übers. v. Bernd Schwibs und Joseph Vogl (Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 2000)
  11. Deuber-Mankowsky, Astrid, Queeres Post-Cinema. Yael Bartana, Su Friedrich, Todd Haynes, Sharon Hayes (Berlin: August Verlag, 2017)
  12. »The Image of Happiness We Harbor: The Messianic Power of Weakness in Cohen, Benjamin, and Paul«, übers. v. Catharine Diehl, New German Critique, 35.3 (105) (Fall 2008), S. 57–69 <https://doi.org/10.1215/0094033X-2008-013>
  13. Freeman, Elizabeth, Beside You in Time: Sense Methods and Queer Sociabilities in the American Nineteenth Century (Durham, NC: Duke University Press, 2019) <https://doi.org/10.2307/j.ctv11smmfz>
  14. »Packing History, Count(er)ing Generations«, New Literary History, 31, 4, Fall (2000), S. 727–44 <https://doi.org/10.1353/nlh.2000.0046>
  15. Time Binds: Queer Temporalities, Queer Histories (Durham, NC: Duke University Press, 2010) <https://doi.org/10.1215/9780822393184>
  16. Geheimagentur, Martin Jörg Schäfer und Vassilis Tsianos (Hg.), The Art of Being Many: Towards a New Theory and Practice of Gathering (Bielefeld: transcript, 2016) <https://doi.org/10.14361/9783839433133>
  17. Hardt, Michael und Antonio Negri, Assembly (Oxford: Oxford University Press, 2017)
  18. Hubbard, Jim, »AIDS-Videoaktivismus und die Entstehung des ›Archivs‹«, in Queer Cinema, hg. v. Dagmar Brunow und Simon Dickel (Mainz: Ventil, 2018), S. 82–105
  19. Kamalzadeh, Dominik, »›120 BPM‹ von Robin Campillo: ›Ich hatte alles im Kopf aufgezeichnet‹«, Der Standard, 1. Januar 2018 <https://www.derstandard.de/story/2000071204136/robin-campillo-ich-hatte-alles-im-kopf-aufgezeichnet> [Zugriff: 3. Juni 2021]
  20. Künemund, Jan, »AIDS hat meine Jugend zerstört«. Interview mit »120 BPM«-Regisseur Robin Campillo, Spiegel Online, 1. Dezember 2017 <https://www.spiegel.de/kultur/kino/aids-120-bpm-regisseur-robin-campillo-ueber-sex-und-die-achtziger-a-1180966.html> [Zugriff: 3. Juni 2021]
  21. Lestrade, Didier, Act Up, une histoire (Paris: Denoël, 2000)
  22. Lorey, Isabell, Demokratie im Präsens. Eine Theorie der politischen Gegenwart (Berlin: Suhrkamp 2020)
  23. »Präsentische Demokratie. Eine Neukonzeption der Gegenwart«, in Der documenta 14 Reader, hg. v. Quinn Latimer und Adam Szymczyk (München: Prestel, 2017), S. 169–202
  24. »Präsentische Demokratie. Exodus und Tigersprung«, transversal blog, Juni 2014 <https://transversal.at/blog/praesentische-demokratie> [Zugriff: 3. Juni 2021]
  25. Lorey, Isabell, Jens Kastner, Tom Waibel und Gerald Raunig, Occupy! Die aktuellen Kämpfe um die Besetzung des Politischen (Wien: Turia + Kant, 2012)
  26. O’Loughlin, Michael J., »›Pose‹ revisits controversial AIDS protest inside St. Patrick’s Cathedral«, America: The Jesuit Review, 21. Juni 2019 <https://www.americamagazine.org/arts-culture/2019/06/21/pose-revisits-controversial-aids-protest-inside-st-patricks-cathedral> [Zugriff: 3. Juni 2021]
  27. Patton, Rebecca, »Images of the Die-In that Inspired the One on ›Pose‹ Will Take your Breath Away«, Bustle, 11. Juni 2019 <https://www.bustle.com/p/photos-of-real-act-up-protests-the-pose-die-in-show-just-how-realistic-the-show-is-17995291> [Zugriff: 3. Juni 2021]
  28. Péron, Didier, »Robin Campillo: ›Chaque action d’ACT UP était déjà enrobée par la fiction‹«, Libération, 20. August 2017 <https://www.liberation.fr/france/2017/08/20/robin-campillo-chaque-action-d-act-up-etait-deja-enrobee-par-la-fiction_1590949> [Zugriff: 3. Juni 2021]
  29. Rothöhler, Simon, Amateur der Weltgeschichte. Historiographische Praktiken im Kino der Gegenwart (Zürich: Diaphanes, 2011)
  30. Russell, Stephen A., »In Love and War. Philippe Mangeot on Writing 120 BPM«, Special Broadcasting Service, 7. März 2018 <https://www.sbs.com.au/movies/article/2018/03/05/love-and-war-philippe-mangeot-writing-bpm> [Zugriff: 3. Juni 2021]
  31. Schlüpmann, Heide, Öffentliche Intimität. Die Theorie im Kino (Frankfurt a. M.: Stroemfeld, 2002)
  32. Schneider, Rebecca, Performing Remains: Art and War in Times of Theatrical Reenactment (London: Routledge, 2011)
  33. Sekuler, Todd und Agata Dziuban, Remembering HIV Activism Tomorrow – Engaging with an Ongoing History of Struggle. Discussion with Robin Campillo, Dokumentation der Veranstaltung im Friedrichshain-Kreuzberg-Museum am 13. November 2017, Bonusmaterial der DVD-Veröffentlichung von 120 BPM der Edition Salzgeber
  34. Tedjasukmana, Chris, »Feel Bad Movement: Affekt, Aktivismus und queere Gegenöffentlichkeit«, in I is for Impasse. Affektive Querverbindungen in Theorie_Aktivismus_Kunst, hg. von Käthe von Bose, Ulrike Klöppel, Katrin Köppert, Karin Michalski und Pat Treusch (Berlin: b_books, 2015), S. 19–32
  35. Mechanische Verlebendigung: Ästhetische Erfahrung im Kino (Paderborn: Fink, 2014) <https://doi.org/10.30965/9783846758038>
  36. Warner, Michael, »Publics and Counterpublics«, Quarterly Journal of Speech, 88.4 (2002), 413–25 <https://doi.org/10.1080/00335630209384388>

Filmografie

  1. 120 BPM, Regie: Robin Campillo (Les Films de Pierre, 2017)
  2. Paris Is Burning, Regie: Jennie Livingston (Off White Productions, 1990)
  3. Pose, Konzept: Ryan Murphy, Brad Falchuk und Steven Canals (Color Force, Fox 21 Television Studios, FX Network, 2018–21)