Copy to Clipboard. Add italics as necessaryZitiervorgabe: Isabell Lorey, »Die Zeit ist (nicht) aus den Fugen. Queere Zeitlichkeit und konstituierende Immunisierung«, in Queeres Kino / Queere Ästhetiken als Dokumentationen des Prekären, hg. v. Astrid Deuber-Mankowsky und Philipp Hanke, Cultural Inquiry, 22 (Berlin: ICI Berlin Press, 2021), S. 299–317 <https:/​/​doi.org/​10.37050/​ci-22_13>

Die Zeit ist (nicht) aus den FugenQueere Zeitlichkeit und konstituierende ImmunisierungIsabell Lorey

Abstract

In der Bekämpfung eines Virus scheint die Zeit aus den Fugen, Unsicherheit und Prekarisierung werden normal – es ist eine Zeit identitärer, individualisierender Immunisierung. Wie kann dann aber eine Zeitlichkeit verstanden werden, die das »Normale« infrage stellt? Isabell Lorey argumentiert für eine queere Zeitlichkeit, die es ermöglicht, in der Gegenwart unruhig zu bleiben. Sie plädiert für eine Sozialität, die auf wechselseitiger Sorge und queeren Schulden basiert und an gemeinsamer kontaminierender Immunisierung interessiert ist.

Schlagwörter: Queere Zeitlichkeit; Gegenwart; Immunisierung; Demunisierung; Normalisierung; Prekarisierung; Pandemie; out of joint; Muñoz, José Esteban; Derrida, Jacques; Schulden

Wenn die Bekämpfung eines Virus die lineare Normalität der Zeit aufbricht und Unsicherheit und Prekarisierung dominieren, wer werden die sein, die siegen, wer diejenigen, die verstummen? Welche Lebensweisen werden sich in einer neuen Normalität durchsetzen? Was bedeutet queere Zeitlichkeit, die lineare heteronormative Zeit aufbrechen will und das »Normale« infrage stellt? Wie kann queere Zeitlichkeit während und nach einer globalen Pandemie jene Zeit sein, die aus den Fugen ist? Wie lässt sich für eine Gegenwart argumentieren, die nicht normal werden, sondern ungefügig und prekär bleiben will? Braucht es dafür Vorstellungen von Zukunft?

Queere Zukünftigkeit

Zu den wichtigsten Theoretiker*innen queerer Zeitlichkeit gehört José Esteban Muñoz mit seinem Buch Cruising Utopia: The Then and There of Queer Futurity. Es handelt von der Potenzialität queerer Zukünftigkeit: »Queerness is not yet here. Queerness is an ideality. Put another way, we are not yet queer. We may never touch queerness.«1 Was queer sein könnte, lässt sich fühlen »as the warm illumination of a horizon«, als ein unerfülltes Ideal, das aus der Vergangenheit herausgefiltert und benutzt werden kann, um die Zukunft zu imaginieren. In diesem Verständnis einer queeren Zeitlichkeit ist das here and now der Gegenwart voller Beschränkungen und Qualen, wie ein Gefängnis, aus dem es auszubrechen gilt, um das then and there denken und fühlen zu können. Das then and there ist für Muñoz die Zeitlichkeit von Queerness, einem »Ding«,2 das uns sehnsuchtsvoll in der Gegenwart spüren lässt, dass eine bessere Welt in der Zukunft möglich ist, dass die gegenwärtige Realität nicht ausreicht. Queerness ist als dieses »Ding« allerdings nicht einfach ein in die Zukunft gerichtetes Ideal, sondern zugleich etwas Performatives in der Gegenwart, kein anzustrebendes Sein, sondern auf die Zukunft gerichtetes Tun: »Queerness is essentially about the rejection of a here and now and an insistence on potentiality or concrete possibility for another world.«3 Queere Zukünftigkeit meint weniger eine eigene Zeitlichkeit als eine potenzielle Zukunft innerhalb der Gegenwart, die sowohl utopisch als auch antizipatorisch ist.4

Im Kontext der queer-theoretischen Diskurse der 2000er Jahre ist Muñoz’ Plädoyer für eine queere Zukünftigkeit als eine direkte Kritik vor allem an Lee Edelmans Buch No Future zu verstehen.5 Vor dem Hintergrund von Edelmans Zurückweisung von Zukunft als einer heteronormativ-reproduktiven, am zu beschützenden Kind orientierten Zeitlichkeit und seinem Fokus auf eine radikal anti-soziale Gegenwart der Präsenz, ist Muñoz’ Ablehnung der Gegenwart und seine Konzeption von Zukünftigkeit eine dezidierte Wendung im Verständnis queerer Zeitlichkeit.6 Er wirft Edelman vor, ein weißes schwules Subjekt zu universalisieren, dessen Zeit eine leere Gegenwart sei: Frei von der Herausforderung, sich eine Zukunft vorzustellen, die jenseits von Selbstbezogenheit im Hier und Jetzt existiert und queere, gesellschaftsverändernde Politiken ermöglichen kann.7

Muñoz lehnt eine Affirmation des Gegenwärtigen ab, denn es ist für ihn nichts als »straight time«, eine sich selbst naturalisierende Zeitlichkeit, eine »presentness«, aus der die Zeit der Queerness heraustreten muss.8 Alle Möglichkeiten auf Veränderung werden in eine zukünftige Zeitlichkeit verschoben, allerdings zeichnen sie sich bereits in der Gegenwart nicht nur als Sehnsucht und als Horizont ab, sondern beginnen sogar als Tun. Auch wenn Muñoz die Verhältnisse im Hier und Jetzt nur in ihrer Negativität in Betracht zieht und ablehnt, sind die performativen Handlungen für gesellschaftliche Veränderungen bereits in der Gegenwart möglich und notwendig. In seinem tendenziell negativen Gegenwartsverständnis und seiner Begrifflichkeit von Utopie, Antizipation und der Zeitlichkeit des »Noch-Nicht« stützt sich Muñoz wesentlich auf Ernst Bloch und seine dreibändige Schrift Das Prinzip Hoffnung.9

Das Prinzip Hoffnung

Ernst Bloch, der Marxist aus der Frankfurter Schule, bezeichnet die Gegenwart als ein »Jetzt«, das er – ähnlich wie Hegel – primär als einen Augenblick versteht. Dieses Jetzt ist ein kurzer gelebter Moment, der unmittelbar und nicht bewusst geschieht und somit im Dunkeln liegt: »Nur wenn ein Jetzt gerade vergangen ist oder wenn und solange es erwartet wird, ist es nicht nur ge-lebt, sondern auch er-lebt. Als unmittelbar daseiend, liegt es im Dunkel des Augenblicks.«10 Der gelebte Moment des Jetzt existiert, aber ohne Vermittlung wird er im Hellen des Bewusstseins nicht wahrgenommen. Die »Augenblicke schlagen noch ungehört, ungesehen, ihr Präsens ist bestenfalls im Vorhof seiner noch nicht bewußten, noch nicht gewordenen Präsenz11 Das Präsens des Jetzt ist für Bloch Nicht-Präsenz, ein »Nicht-Da«,12 ein unmittelbares dunkles Dasein, das (noch) nicht ist.

Dieses unmittelbare, aktuelle Präsens ohne Präsenz ist nicht bloß Nicht, sondern es existiert in ihm zugleich ein Treiben, das zu einem Da strebt, zu einer Bewusstwerdung. Durch ein solches Treiben wird Zeitlichkeit in die Zukunft weitergeschoben und es kann Neues entstehen. Es handelt sich für Bloch um ein »Drängen, Wünschen«,13 das nicht einfach unverändert als ewige Wiederholung des Gleichen geschieht. Vielmehr zeigt sich in seiner Potenzialität die in die Zukunft führende Veränderbarkeit, die »Transzendenz« von Zuständen in der Gegenwart: »[W]as im Jetzt treibt, stürzt zugleich dauernd vorwärts. […] Was nicht ist, kann noch werden, was verwirklicht wird, setzt Mögliches in seinem Stoff voraus.«14 Das aktuelle Präsens ist für Bloch als ein Nicht bloßer »Mangel«, ein Fehlen, eine »Leere«, und kann nicht anders, als nach vorne in Richtung einer besseren Zukunft zu hungern, sich aus dieser Gegenwart des Leids, der Entbehrung und der Unzufriedenheit hinauszusehnen, um den Mangel loszuwerden und eine antizipierte, doch unklare Fülle anzustreben.15 Das Jetzt als punktuelles und auf den Augenblick begrenztes kann hier selbst nicht Fülle sein, den Hunger nicht lindern.16 Es braucht das gärende Noch-Nicht, die »Inkubationszeit«17 im Jetzt, die Latenz.

Mangel und Inkubation, Moment und Vorwärtsbewegung, Dunkel und Öffnung – Blochs Jetzt ist dialektisch konzipiert: Es ist ohne Vermittlung, bloßes subjektivistisches Empfinden, Präsens ohne Präsenz, und es inkubiert zugleich im Bewusstwerden das »Heraufkommen« der neuen Zeit, die ebenfalls dunkles Jetzt enthalten wird: »Nur das Heraufkommende oder das gerade Vergangene hat den Abstand, den der Strahl des Bewußtwerdens braucht, um zu bescheinen.«18 Das inkubierende Bewusstsein, das im und mit dem Heraufkommenden entsteht, ist antizipatorisch, es sieht, was noch nicht ist, während der gelebte Augenblick im Jetzt »unsichtbar«19 bleibt und auch mit großer Konzentration nicht gewusst werden kann. Blochs Jetzt ist zusammengesetzt aus dem Nicht und dem Noch-Nicht, das das mögliche Zukünftige vorwegnimmt, das Utopische ankündigt. Das Noch-Nicht ist keine Zeitlichkeit der klaren Linie, die nur linear vorwärts beschritten werden muss, ihm ist Kontingenz inhärent. Dennoch ist das, was zur Verwirklichung drängt, nicht ungerichtet.20 Das Noch-Nicht ist prozessual, unfertig und ein Utopisches, das Bloch nicht als etwas Abstraktes, sondern als konkrete Utopie verstanden wissen will. Die konkrete Utopie ist eine, die »auf das Jetzt hinweist und dessen ausgeschüttete Gegenwart sucht«, um »das bloße unmittelbare, vorüberfliegende Jetzt« weiß und im Unterschied dazu die »zu erreichende Gegenwart« erhofft und für sie arbeitet.21 In diesem Zusammenhang spricht Bloch auch von einem »utopischen Präsens«.22 Doch bevor das unvermittelte, aktuelle Präsens zu einem utopischen Präsens werden kann, muss es bewusst werden, es muss Vermittlung entstehen, Repräsentation muss wahrnehmbar werden, und ein »historisch Neues«23 muss die bessere Zukunft anzeigen. Nur das Neue, das im Jetzt sich bewusst antizipatorisch zeigt, gehört für Bloch zur Geschichte, nicht aber das aktuelle Präsens: Es ist ungewusst, mangelhaft und geschichtslos.24

Mit dem Fokus auf psychische Bewusstwerdung verschränkt Bloch Zeitlichkeit und Geschichte mit einer idealistischen Subjektbezogenheit, in der Zeit nicht unabhängig von Vermittlung gedacht werden kann, nicht ausgehend von gemeinsamen Praxen und Kämpfen, die gerade nicht die Repräsentation und (kollektive) Subjektwerdung ins Zentrum des politischen Agierens stellen und nicht aus Mängeln fliehen, sondern gegenwärtig bleiben.25 Das erfordert allerdings ein Verständnis von Zeit, in der Gegenwart kein flüchtiger Moment ist, dem in eine bessere Zukünftigkeit entflohen werden muss, sondern Störungen und Zerstörungen in einer Weise nachgegangen werden kann, die ermöglicht, in der Gegenwart unruhig zu bleiben. Bloch wendet sich gegen solche Konzeptionen von Gegenwart, die die Hegelsche Idee des nicht bewussten Augenblicks zurückweisen, die Gegenwart als eine ausgedehnte Zeitlichkeit des Werdens betrachten und so mit einer in die Zukunft gerichteten zeitlichen Linearität brechen.26 Um in einem Aufbrechen von Zeit unruhig zu bleiben, braucht es aber vor allem Verbindungen zum Vergangenen, zur Aktualisierung und Erinnerung von Vergangenem in der Gegenwart, nicht als Wahrheit, Echtheit, Authentizität, sondern in nicht heteronormativ-familienbezogenen verschuldeten Verbindungen, die sich als Konstellationen in einer ausgedehnten Gegenwart zeigen.27

Muñoz, der über Bloch hinausgeht, verbindet interessanterweise seinen Begriff des »not-yet-conscious« mit einem auf Vergangenes bezogenen Begriff des »no-more-conscious« – zusammengefügt im then and there – und aktualisiert queere ästhetische und politische Praxen, denen bereits ein »utopisches Gefühl«28 inhärent war. Wenn er sich gegen anti-relationale und anti-soziale schwule Gegenwartsverständnisse wendet, dann kritisiert er nicht nur die Konstruktion selbstreferentieller weißer Zeitlichkeiten, sondern auch ein Verständnis des Jetzt, das identitäre Unmittelbarkeit und Authentizität feiert. Muñoz wendet sich gegen solch eine präsenzfokussierte Identitätslogik, weil sie keine prozessualen, konkreten Utopien zulässt und die normative Linearität der heteronormativen, geraden, direkten und authentizistischen straight time weder aufzubrechen, noch hinter sich zu lassen in der Lage ist. Er denkt Blochs Inkubationszeit des hoffnungsvollen Noch-Nicht-Hier weiter und plädiert für queere soziale Verbindungen, die ekstatisches Außer-sich-Sein und soziale Kontaminierungen zulassen.29 Diese zeitbezogene Verweigerung, zu einem autonomen Subjekt zu werden, nehme ich im Folgenden für ein Verständnis von Gegenwart wieder auf, das allerdings das Mögliche nicht in Utopien und Zukünfte verschiebt, sondern das Unruhige und Ungefügige im ausgedehnten Präsens wahrnimmt und sich entfalten lässt. Das bedeutet, Antizipation als angestrebte präventive Kontrolle von Fortschrittsentwicklungen dezidiert zurückzuweisen.30 Anders als bei Muñoz ist das Queere dann nicht etwas, das noch nicht da ist und sich nur als ansteckende Potenzialität bereits ankündigt, nichts, das die straight time erst utopisch aus den Angeln heben können soll. Im Gegenteil lässt sich das Queere als etwas verstehen, das das Chrononormative immer schon kontaminiert.31 Queer ist damit eher im Sinne von Kara Keeling als eine Kraft zu verstehen, die durch die zeitlichen und sozioökonomischen Venen der westlichen Moderne strömt: »Queerness is endogenous to time.«32 Und mit Derrida lässt sich sagen, dass die straight time immer schon vom ansteckend-affizierenden Ungefügten heimgesucht wird.

Die Zeit aus den Fugen

Jacques Derrida hat sich immer wieder gegen die Utopie ausgesprochen: »Ich misstraue der Utopie, ich will das Un-Mögliche«.33 Das Un-Mögliche als das Unberechenbare, Unerwartbare, Unvorhersehbare gehört zu seinem unzeitgemäßen Verständnis von Gegenwart und nicht zur Zukunft. Die Zukunft des französischen avenir durchschneidet er für das Kommende des à venir, dessen, was nicht vorgesehen, nicht antizipiert ist. Das Kommende bleibt im Kommen, es bleibt in der Gegenwart und bleibt in Bewegung, ohne die Gegenwart hinter sich zu lassen, dehnt es die Gegenwart aus und öffnet sie. Das à venir ist dem devenir, dem Werden in der Gegenwart, viel näher als der Zukunft. So gehört auch das unmöglich Mögliche zu einer Gegenwart, die weder auf Präsenz und Absenz begrenzt ist, noch selbstidentisch bei sich bleibt, die kein flüchtiger Augenblick ist.

In Marx’ Gespenster entwirft Derrida eine Zeitlichkeit des Präsens, das mit dem unvorhersehbar Kommenden und mit der Heimsuchung rechnet, mit dem Gespenst. Gleich am Anfang des Buches macht er deutlich, dass es darum geht, mit Gespenstern zu leben, mit gewissen anderen in einer »Zeit ohne bevormundendes Präsens« besser zu leben.34 Denn in diesem Präsens ist das Gespenstische nicht präsent, weder als Substanz noch als Existenz; es ist das, was der vorherrschenden Ordnung des Präsens und seinen Verfügungen entgeht, sie aber zugleich heimsucht. Mit den Gespenstern zu leben bedeutet, mit den durch Gewalt und Unterdrückung Verstummten der Vergangenheit zu leben und mit denen, die noch nicht geboren sind. Es handelt sich um ein rätselhaftes Mitsein mit all jenem und jenen, die nicht mehr und noch nicht zur Verfügung stehen, mit dem Unverfügten, dem nicht Gerichteten, dem nicht Gerechten: Es bedeutet zuzulassen, in einer Zeit zu leben, die aus den Fugen ist.

Diese Zeit ist nicht erst aus den Fugen geraten, nachdem sie verfügt und in Ordnung war. Es ist eine Zeit, die nie in Ordnung war, eine Zeit, die noch nicht und nicht wieder glatt, gerade und normal geworden ist. Es ist eine Zeit, das betont Derrida, die sich um das Vergangene schert, um das Erbe und das Erinnern, doch nicht im Sinne des verfügten Normalen, der Norm, des Geraden und angeordneten Richtigen, nicht im Sinne von Linearität. Das Mitsein mit Gespenstern ist ein Leben mit UnGerechtigkeit, im Namen der »Gerechtigkeit dort, wo sie noch nicht ist, noch nicht da, dort, wo sie nicht mehr ist, das heißt da, wo sie nicht mehr gegenwärtig ist, und da, wo sie […] niemals reduzierbar sein wird aufs Recht«.35 Diese Lebensweise mit denen, die nicht auf die rechte Weise präsent waren und sind, nicht gegenwärtig als Selbstpräsenz, nicht identitär, bringt das bevormundende, verfügte und verfugte Präsens aus dem Lot und aus den Fugen. Denn das Erscheinen von Gespenstern, die nicht gänzlich anwesend und auch nicht gänzlich abwesend sind, fügt sich nicht ein in das, was wir normalerweise unter Zeit verstehen. Die Heimsuchung ist unzeitig, ohne Datum und Kalender; sie bezieht sich auf keine Zahl, wie auch das Gespenst nie bloß eins ist. Es sind immer mehr als eins oder weniger, nicht wirklich zählbar, aber zerstreut und huschend, vielgestaltig und vielfältig, multitudinär. Gespenster sind verbunden mit anderen sichtbar Unsichtbaren.

Die Heimsuchung ist kein Zustand. Die verfugte Gegenwart wird nicht ununterbrochen und beständig heimgesucht. Die Hantologie kehrt wieder, anders und verkehrt, immer wieder von Neuem, ohne sich identisch zu wiederholen.36 Ein Gespenst ist ein verquerer anfänglicher Wiedergänger: »Man kann sein Kommen und Gehen nicht kontrollieren, weil es mit der Wiederkehr beginnt37 In der Wiederkehr des Gespenstischen gerät das geordnete Präsens nicht nur aus den Fugen. Die vorherrschende normative Ordnung versucht, sich von dem verkehrten Wiederkehrenden abzugrenzen, es abzuwehren und zu vergessen. Doch es gelingt nicht, die Gespenster auszusperren, in einem Außen zu bändigen. Die Ordnung wird immer wieder von dem da-Herkommenden, von dem ins Heim des Vertrauten und Normalen Kommenden heimgesucht.

Das normalisierte, geordnete, glatte Präsens des Einen entsteht durch Verfügungen und Verfugungen, die allerdings durch die Heimsuchung immer wieder von Neuem geteilt und aufgesprengt werden. Solche Aufteilungen kommen nicht »von außen«. Die Verfügung kann in ihrer eigenen Dynamik »nur eins sein, indem sie sich teilt«.38 Das Verfugte/Verfügte selbst ist es, das die Einheit nicht durchhält und nicht aushält, denn es zerreißt sich durch die Abgrenzung, die Abwehr selbst: Es kategorisiert, klassifiziert, urteilt und sucht das Normale unter verschiedenen Möglichkeiten aus. Nicht alles soll zugelassen werden, weshalb das Verfugen nur durch das Unterscheiden dessen geschehen kann, was als nicht gerade und recht gilt. Denn das UnRechte legitimiert die rechte Verfügung immer wieder von neuem. Es geht ihr voraus, ohne bereits zurecht gerückt zu sein, maßlos und vielfältig.

Das Differente, Disparate, das, was nicht recht ist, sondern schräg und verkehrt, lässt sich weder aus der Zeit noch aus dem geordneten Präsens drängen und auch nicht einfach in dieses integrieren – es wird von ihm heimgesucht, weil es ihm vorausgeht ohne vergangen zu sein. Das Differente und Gespenstische lässt sich nicht vernichten, es lässt sich nur »in der Zeitform eines aus den Fugen gegangenen Präsens« affirmieren, »in der Fügung einer radikal unverfugten Zeit ohne die Sicherheit der Konjunktion«.39 Was nicht in den Fugen ist, existiert ohne Verfugung, ohne Sicherheit, ohne Bestimmung; es ist nicht eingefügt und gefügig, nicht identifizierbar und nicht in Ordnung, unsicher und prekär – in einem queeren Präsens aus den Fugen:

»The time is out of joint«, die Zeit ist exartikuliert, ausgerenkt, aus den Fugen, verzerrt, die Zeit ist aus dem Gleis, sie ist verdreht und aus sich selbst herausgerückt, gestört, gleichzeitig aus dem Takt und verrückt. Die Zeit ist außer Rand und Band, die Zeit ist aus der Bahn geraten, außer sich, uneins mit sich.40

Es ist eine ekstatische, maßlose Zeit, ungebändigt, auf die schiefe Bahn geraten, nicht mehr im Recht, verkehrt herum, à l’envers, transversal, travers, quer, schief. All diese Begriffe lassen sich, wie Derrida zeigt, in den Shakespeare-Übersetzungen für out of joint finden. Es sind verschiedene Übersetzungen, vielfältige Interpretationen. Sie sind sich uneins und werden damit dem »Original« nicht eindeutig gerecht: irreduzibel, unangemessen und asynchron wie sie sind; selbst out of joint und out of sync nicht nur, wenn sie das Maß verlieren, sich manche ins Moralisch-Politische wenden und out of joint als Perversion der Sitten und Verfall der Gesellschaft interpretieren.41 Die Konnotation dessen, was ungefügig ist, was weder in das Eine noch in das Eindeutige der Verfügung passt, zeigt sich in der Zeitlichkeit des queeren Präsens.

Es steht der Geradheit gegenüber, der richtigen Richtung der gerichteten Zeit, direkt und ohne Umwege, straight away auf das richtige Ziel zu.42 Was nicht der Normalität entspricht, muss unentwegt verfugt werden. Das Gebogene und Schräge wird entweder korrigiert, repariert und geheilt, oder es wird als bedrohlich und unnormal ausgeschlossen.43 Die Sorge gilt nicht der Gesundheit der Ungeraden, sondern der machtvollen Aufrechterhaltung einer bestimmten Form von Gerechtigkeit. Es ist eine Gerechtigkeit, die Genugtuung will, die straft und rächt, die die Unterbrechung der Kontinuität, das Aufbrechen der Glättung und die Konfrontation des Einen als UnRecht begreift, als Schuld, die geahndet werden muss, damit die Dinge wieder gerade gerückt werden und es wieder mit rechten Dingen zugeht.44

Es ist die Geschichte der Sieger, in der »das Unrecht der Geschichte wieder gerade«45 gebogen, die Verbrechen an den anderen, den Verstummten, den schrägen Dingen glattgebügelt und die Besiegten mit Schuld beladen werden.46 Aber die Gespenster kommen immer wieder, sie erscheinen unangekündigt und zeugen von dem »unbestimmte[n] Fluch, mit dem die Geschichte des Rechts und Geschichte als Recht behaftet ist: daß die Zeit out of joint ist«.47

Demunisierte Schulden – Konstituierende Immunisierung

Was aber wäre eine Gerechtigkeit, die nicht dermaßen ins Recht setzt, sondern von der Beziehung zum UnRechten ausgeht, jenseits von Strafe, jenseits des Abtragens einer Schuld? Es bräuchte ein Verständnis von Schuld und Schulden, das die Rückgabe der Schuld aussetzt.

Derrida schlägt eine Form von Gerechtigkeit vor, die kommt »um zu geben jenseits des Schuldens, der Schuld, des Verbrechens oder des Fehlers«.48 Ein solches Geben ist »ein Geben ohne Rückerstattung, ohne Kalkül, ohne Zählbarkeit«:49 eine Gabe ohne Schuld. Es handelt sich nicht einfach um ein Geben, das den Tausch des Gebens und Nehmens, des Zurückgebens und des Weggebens aussetzt. Das Geben ohne Schuld ist tatsächlich ein Mehr: Es ist ein Zugeben, eine Zugabe, ein Hinzufügen, ein Exzess, eine Fülle. Es ist ein Geben, das der Vielfalt dessen, was verquer und nicht geradegerückt ist, gerecht wird. Es setzt den Mangel aus, in den das Geben als Weg- oder Zurückgeben eingeordnet und eingebunden ist. Es ist ein Geben, das radikal dem nicht Geglätteten, dem nicht Eingeordneten und dennoch hierarchisch Kategorisierten verbunden ist. Ein solches Geben bleibt dem Unpassenden radikal zugewandt. Es ist eine Zuwendung, die nur in einer sozialen Praxis out of joint stattfinden kann, denn sie bedeutet die Affirmation dessen (derjenigen), das (die) man nicht kommen sieht, was nicht kalkulierbar, nicht zählbar und nicht antizipierbar ist.50 Dies lässt keine Prävention zu. Denn das Vor(her)gesehene ist immer bereits präsent, vorweg-genommen und angekommen, gebändigt und neutralisiert, um kalkuliert und verfugt zu werden, damit die Zeit der Ordnung in der Spur bleibt.

Gegen diese Glättung eines präventiven Kontrolldenkens, das stets der Bewahrung der verfügten Ordnung dient, wird die Linearität der herrschaftssichernden Zeit in ungefügiger Sozialität jetzt aufgebrochen. Das rechtmäßige Zuhause wird nicht mehr angstmachend heimgesucht, sondern dient als »unbedingte Zuflucht«51 und öffnet sich der Umgebung, öffnet sich dem, was herum-gegeben, was herumgereicht wird. Nur so wird der Ort, zu dem ohne Beschränkung gekommen werden kann, heim(at)los, nur so befindet er sich im Werden, unterwegs.

Ungefügige Sozialität entsteht in unübersetzbarer Heterogenität. Sie ist die soziale Praxis der Zeit aus den Fugen. Es ist eine Sozialität, die die Tausch- und Schuldenökonomie der Ab-Gabe, des munus aussetzt. In der Distanz und im Ent-Setzen vom munus, in der De-Munisierung distanziert sie sich von der Bildung jeder Gemeinschaft, jeder com-munitas. Das lateinische munus, das in der römischen Antike die Abgabe im Rahmen einer Gemeinschaft derjenigen bezeichnet, die gemeinsam Abgaben (munera) leisten, begründet eine Gemeinschaft der Pflichten und Schulden und führt gerade nicht zu dem, was Derrida mit der Gabe ohne Rückgabe meint: das munus ist keine Gabe ohne Schuld, sondern verpflichtend.52 Es entspricht immer einem Weggeben, einem Weniger, einem Minus, einer Ab-Gabe, durch die die Abgebenden aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft gezwungen sind. Anders als in der utopistischen Logik von Bloch und Muñoz meint Demunisierung nicht, das munus als den Verzicht und den Mangel auf mögliche Utopien hin überschreiten zu wollen. Demunisierung bedeutet vielmehr, sich in der ausgedehnten Gegenwart dem munus als Pflicht und Gehorsam und damit den Grenzziehungen der verfugten Ordnung zu entziehen. Dieser Entzug bricht mit der Logik von Zugehörigkeit, die durch Assimilierung und Integration die Schuld der Nicht-Konformen zu begleichen sucht: Die Ökonomie der Schuldknechtschaft läuft aus der Bahn und ins Leere.

Die Demunisierung der ungefügigen Sozialität stellt nichts in Rechnung, denn sie basiert auf nicht zurückzahlbaren sozialen Verschuldungen, auf Schulden ohne Moral und ohne Kredit. Es sind Schulden, die aus dem Prekärsein jeden Lebewesens entstehen, aus Sorge und Reproduktion. Es sind Schulden, die nicht vermieden und nicht abbezahlt werden können, weil sie grundlegende Verbundenheiten und Affizierungen markieren. Sie haben nichts mit schlechtem Gewissen und Dankbarkeit zu tun, aber viel mit schlechten Schulden. Denn sie sind untilgbar und zeigen, dass ein unabhängiges Individuum und eine abgrenzbare Identität illusorisch sind.53 Es sind Schulden, vor denen es nicht möglich ist, sich zu versichern. Niemand ist vor ihnen sicher. Diese sozialen Schulden aus wechselseitigen Sorgebeziehungen zu affirmieren bedeutet, das Prekär-Werden in einer ausgedehnten Gegenwart zu ermöglichen. Es bedeutet die Affirmation von »schwarzen Schulden, queeren Schulden, kriminellen Schulden«, wie Stefano Harney und Fred Moten schreiben.54

Queere, un-rechte Schulden zu praktizieren entspricht der Fähigkeit, sich durch andere und anderes affizieren zu lassen, durch Menschen und Dinge: ungefügig und offen zu sein, verletzlich und prekär. Prekär-werden als Fähigkeit, affiziert zu werden, ohne Sicherheiten durch Verfugungen. Nicht zurückzahlbare Sorgeschulden weiten Differenzen und Mannigfaltigkeiten aus, denn jeder und jede schuldet etwas anderes. Die Demunisierung von queeren sozialen Schulden führt nicht zur Verknappung und zum Mangel, für deren Beheben wieder Kredit angehäuft und Dinge in der Zukunft besser gemacht werden müssen, sondern zur Fülle des sozialen Reichtums, zum Überfluss im Jetzt.

Das Prekär-Werden in der ausgedehnten Gegenwart bewahrt und aktualisiert Prekärsein, bekämpft Prekarisierung und Prekarität und entspricht der Verweigerung, sich durch Politiken der Unsicherheit regieren zu lassen.55 Es ist ein Prekär-Werden ohne Kredit auf die Zukunft, das mit Individualisierung nichts am Hut hat. Es ist immer ein politisches Prekär-Werden mit anderen zusammen, das »Schulden auf Distanz« hat.56 Schulden auf Distanz sind schräge Verbindungen zu revolutionären Praxen im Vergangenen, in denen das Ungefügige für das Jetzt zu wittern ist. Die transversalen Verbindungen zeigen sich in Funken, die im Freischürfen, Auseinanderbrechen und Abbauen von Verfügungen der Gegenwart entstehen und von »nicht detonierter Energie vergangener Revolutionen« herrühren.57 Diese Schulden auf Distanz können vergessen, wieder erinnert und aktualisiert werden, aber sie können nicht vergeben und erlassen werden, denn dafür gibt es keinen Grund. Sie zeigen sich als wiederkehrende diskontinuierliche und gespenstische Verbindungen von Kämpfen im ausgedehnten Präsens, im Präsentischen.58

Es sind immer auch Kämpfe gegen Schließungen und Eingrenzungen identitärer Gemeinschaften, Kämpfe, die die selbstreferenzielle Autoimmunisierung der herrschenden verfugten Ordnung aufbrechen, um in der unkalkulierbaren Gegenwart prekär zu bleiben, für das, was kommt. Nur so können Herrschaftsverhältnisse verändert werden, damit es nicht (mehr) zählt, ob jemand zu einer Gemeinschaft gehört, um zuerst oder überhaupt geschützt und immunisiert zu werden.

Demunisierung entspricht einer Praxis radikaler Inklusion, des Exzesses – ohne Gemeinschaft.59 Radikale Inklusion ereignet sich als Neuzusammensetzung, als gemeinsame Komposition in einer Bewegung des Entziehens und Ent-Setzens, in der Verweigerung der Fügung. Sie ist eine immunisierende Komposition ohne Gemeinschaft. Das lateinische im-munio ist im Sinne von ›aufbauen‹ und ›hineinbauen‹ gemeint, als eine spezifische Form des Konstituierens.

Konstituierende Immunisierung meint die Ermächtigung des als gefährlich, un-recht und ungefügig Imaginierten, die Erhebung der Gespenster, zu deren Schutz vor weiteren herrschafts- und gewaltförmigen Gefährdungen. Sie fungiert als ungefügiger Schutz des bedrohlichen Queeren und Prekären. Sie entsteht weniger aus der Instabilität gouvernementaler Herrschaftsverhältnisse als aus den durch diese Herrschaftstechniken entstehenden Prekaritäten und Prekarisierungen, Marginalisierungen und Ausschlüssen von Minoritäten. Sie weigert sich, die separierende Trennung durch Individualisierung, Disziplinierung und Quarantänisierung als eine auf Gefährdung reagierende und diese re/produzierende Herrschaftstechnik zu akzeptieren, eine biopolitische Technik, die mit dem Versprechen auf nicht vorhersehbare immunisierende Heilung und Schutz (durch Impfung) mittels Vereinzelung und Distanzierung reagiert. Dagegen entzieht sich die konstituierende Immunisierung der Pflicht, zum gehorsamen, eigenverantwortlichen, biopolitischen Subjekt zu werden und sich in verfügten Selbstverhältnissen regierungsförmig und verfügbar zu (ver)halten.

Das Virus und die neue Normalisierung

Das Virus wird immer schneller gewesen sein. Die Ansteckung, der Austausch, der Kontakt, das, was die Logik der Immunisierung aus den Fugen geraten lässt, wird immer schon stattgefunden haben. Das Virus ist unsichtbar gegenwärtig wie ein Gespenst, und wie dieses sucht es nie alleine heim. Aktuell spukt es zusammen mit ökologischem und ökonomischem Raubbau und neoliberalem Abbau von Sozial- und Gesundheitssystemen. Notstandsverfügungen sollen die Gespenster verjagen oder zumindest bändigen, indem sich die Einzelnen zum Schutz vor anderen auf die eigenen Körper konzentrieren, damit in aller Unsicherheit die Dinge wieder in Ordnung gebracht werden können. In der Krise der Pandemie wird die Exekutive zum entscheidenden politischen Subjekt; die Bevölkerung besteht aus einzelnen sich selbst regierenden ausführenden Organen. Doch ist das nicht einfach ein Ausnahmezustand, in dem das Recht ausgesetzt ist, und alle entrechtet einem nackten Leben ausgesetzt sind. Vielmehr scheint die politische Steuerung der Pandemie eine Reformierung von Gouvernementalität zu bedeuten, eine Neugestaltung des Verhältnisses von staatlicher Regierung und Selbstregierung. Die (Selbst‑)​Begrenzung auf das Eigene und das Heim, um die Heimsuchung durch das Virus zu regulieren, verstärkt geschlechtliche und ökonomische Ungleichheitsverhältnisse hinsichtlich Pflege und Reproduktion sowie heimische/heimliche Gewalt. Viele verlieren ihre Arbeit und werden (weiter) prekarisiert. Zugleich werden Sorgeberufe in der Gesundheitskrise zu »systemrelevanten« Tätigkeiten, ohne dass der Dankbarkeit für die bis zur Erschöpfung stattfindenden Dienste der Pflegenden eine erhebliche ökonomische Aufwertung folgen würde. Seit Jahren finden weltweit queer-feministische Kämpfe gegen Gewalt gegen Frauen* statt, die die Sorge ins Zentrum stellen. Wiederkehrend wird an vielen Orten zu Sorgestreiks aufgerufen. Nicht um die Sorge auszusetzen, sondern um die fundamentale Bedeutung von Sorge für alle jenseits gesundheitspolitischer und nationaler Grenzregime deutlich zu machen.60 Im Präsens der Pandemie wird das sorgende Geben ohne Schuld allerdings dazu genutzt, eine verschärfte autoritative Gouvernementalität einzusetzen, in der jede*r Einzelne selbst für strengere Disziplinierungsmaßnahmen verantwortlich ist: Sorgebeziehungen werden zum Instrument einer erzieherischen autoritativen Gouvernementalität.61

Das Virus trifft nicht alle gleich. Je nach Gesundheitszustand, Wohnungsgröße, Versorgungsmöglichkeit, ökonomischer Situation und der Option, überhaupt über Wohnraum zu verfügen, haben die gouvernementalen »Maßnahmen«, sich in ein Zuhause zurückziehen zu sollen und soziale Distanzierung zu praktizieren, sehr unterschiedliche Auswirkungen. Trotz solidarischer Praxen im Alltag korrespondiert der erzwungene de-mobilisierende Rückzug in die eigenen vier Wände mit einer massiven Re-Nationalisierung und Grenzschließung. Erneut wird in der Logik der Einschließung und des Schutzes der Gemeinschaft regiert. Die nicht migrierenden Bürger*innen werden in ihren Nationalstaat zurückgeholt. Alle sollen ihre selbstdisziplinierende Pflicht, ihr munus, zum Erhalt und zur Heilung, zur erneuten Verfugung der Gemeinschaft leisten. Die biopolitische Entscheidung darüber, wer überleben darf oder sterben muss, fällen nicht nur die Ärzte. Es ist nicht nur eine Frage von Vorerkrankungen, die mit ihren spezifischen Auswirkungen nicht unabhängig von sozialen, ökonomischen und ökologischen Ungleichheitsverhältnissen existieren. Im Kontext des europäischen Grenzregimes, in den Lagern an den Außengrenzen wie im Inneren, finden nicht erst seit der Pandemie biopolitische Triagen über Leben und Tod statt.62 Migration wird erneut als Inkarnation des Viralen eingesetzt, vor der es sich durch Grenzen zu schützen gilt.

Diese Zeit ist nicht dermaßen aus den Fugen wie es erscheint, sondern eine Zeit vermehrter Verfügungen und neuer normalisierender Verfugungen. Herrschaftsverhältnisse und Ungleichheiten, die bisher von vielen nicht wahrgenommen oder als normal betrachtet wurden, verstärken sich. Es geht nicht darum, aus einer anormalen Zeit in eine Normalität zurückzukehren. Eine neue disziplinierende Normalisierung entwickelt sich auf der Grundlage bestehender Ungleichheitsverhältnisse. Wir leben in einer extrem beschleunigten Transformation der verfügten Ordnung. Die (noch) ungewohnten sozialen Praxen der Distanzierung, die Digitalisierung der Arbeitsverhältnisse im Zuhause, die Einschränkung von Freiheiten aufgrund unkalkulierbarer Risiken, die zunehmenden Überwachungsmöglichkeiten – gerade etabliert in einem Regieren in der Unvorhersehbarkeit und Unsicherheit der Pandemie und mittels Unsicherheit in den Bevölkerungen – werden zur Stabilisierung und Legalisierung einer neuverfügten und in neuer Weise normalisierten Ordnung beitragen, die immer mit der nächsten Pandemie zu rechnen haben wird. Diese Verfugung wird, trotz rassistischer, sexistischer, homo- und transphober sowie klassistischer Strukturen, in vielen Staaten weiterhin demokratisch genannt werden und sie wird weiterhin kapitalistisch sein.

Eine konstituierende Immunisierung, die die verfügte Ordnung aus den Fugen hebt, verbündet sich ohne Grenzen mit denjenigen, vor denen sich die neuen ausschließenden Gemeinschaften wieder zu immunisieren suchen. Sie ist queer, insofern sie nicht nur gegen Verfügung und Recht angeht, sondern indem sie Normalisierungsprozesse aufzeigt und ihnen queere Formen der Konstituierung entgegenhält oder hinzufügt. Der Anstoß für Derrida, Marx’ Gespenster zu schreiben, war die erneute Lektüre des Kommunistischen Manifests. Die Gespenster bleiben aktiv, wenn sie sich von jeder Gemeinschaftslogik lösen und das Gemeinsame, das Kommune stattdessen als ein konstituierender Prozess verstanden wird, in dem queere Zeitlichkeit mit einer ungefügigen, aber nicht anti-sozialen Sozialität einhergeht. Die queere immunisierende Konstituierung hält das Disparate zusammen, ohne die Streuung zu ordnen, ohne die Differenz zu verletzen, »ohne die Heterogenität des anderen auszulöschen«.63 Diese Konstituierung ist »ohne Organisation, ohne Partei, ohne Nation, ohne Staat, ohne Eigentum«. Sie kann zu einem »Kommunismus« werden, dem wir, wie Derrida sagt, »später den Beinamen ›die neue Internationale‹ geben werden«.64

Anmerkungen

  1. José Esteban Muñoz, Cruising Utopia: The Then and There of Queer Futurity (New York: NYU Press, 2009), S. 1.
  2. Ebd.
  3. Ebd.
  4. Siehe ebd., S. 91.
  5. Siehe Lee Edelman, No Future: Queer Theory and the Death Drive (Durham, NC: Duke University Press, 2004).
  6. Vor allem auch vor dem Hintergrund einer diskriminierenden Gesundheitspolitik im Kontext des HI-Virus in den 1980er und 1990er Jahren und den vielen nicht-heteronormativ Lebenden, die an den chronischen Folgen von AIDS gestorben sind, ist für queere Politiken nicht zu unterschätzen, was ein Fokus auf Utopie, Hoffnung und Zukünftigkeit bedeutet.
  7. Muñoz, Cruising Utopia, S. 94.
  8. Ebd., S. 25. Siehe auch J. Jack Halberstam, In a Queer Time and Place: Transgender Bodies, Subcultural Lives (New York: NYU Press, 2005), S. 5–7.
  9. Ernst Bloch, Das Prinzip Hoffnung, 3 Bde. (Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1959). Muñoz stützt sich vor allem auf den ersten Band.
  10. Ebd., i: Kapitel 32, S. 334.
  11. Ebd., S. 343, Hervorhebung im Original. Bloch grenzt sich beim Noch-Nicht-Bewussten von Freud ab. Bloch will seinen Begriff des Noch-Nicht nicht auf Vergessenes oder Verdrängtes bezogen wissen, sondern es findet sich als ein Vorbewusstes, das auf ein »Hervorkommendes« verweist, eher in Tagträumen. Vgl. ebd., S. 131.
  12. »Was an sich und unmittelbar als Jetzt vor sich geht, ist so noch leer […], unbestimmt, als ein gärend Nicht. Als das Nicht, womit alles ansetzt und beginnt, um das jedes Etwas noch gebaut ist. Das Nicht ist nicht da, aber in dem es derart das Nicht eines Da ist, ist es nicht einfach Nicht, sondern zugleich Nicht-Da. Als solches hält es das Nicht bei sich nicht aus, ist vielmehr aufs Da eines Etwas treibend bezogen.« Siehe ebd., S. 356, Hervorhebung im Original.
  13. Ebd., S. 335.
  14. Ebd.
  15. Ebd., S. 356–57, siehe auch S. 360.
  16. Siehe ebd., S. 358.
  17. Ebd., S. 139.
  18. Ebd., S. 334. Bloch betont, dass vor allem erst der Marxismus »einen Begriff des Wissens in die Welt gebracht [hat], der nicht mehr wesentlich auf Gewordenheit bezogen ist, sondern auf die Tendenz des Heraufkommenden; so bringt er erstmalig Zukunft in den theoretisch-praktischen Griff«; siehe ebd., S. 160.
  19. Ebd., S. 338; zum »antizipierenden Bewußtsein« siehe auch S. 336.
  20. Siehe »Hoffnung kann enttäuscht werden«. Ernst Bloch in Leipzig, dokumentiert und kommentiert von Volker Caysa, Petra Caysa, Klaus-Dieter Eichler und Elke Uhl (Frankfurt a. M.: Hain, 1992).
  21. Bloch, Prinzip Hoffnung, i, S. 365–66.
  22. Ebd., S. 366.
  23. Ebd., S. 359.
  24. Siehe ebd., S. 358–59.
  25. Siehe zu einem solchen repräsentationskritischen politischen Gegenwartsverständnis in aller Kürze Isabell Lorey, »Präsentische Demokratie. Exodus und Tigersprung«, transversal blog, Juni 2014 <https://transversal.at/blog/praesentische-demokratie> [Zugriff: 17. April 2020].
  26. Immer wieder greift Bloch exemplarisch Henri Bergson als »vitalistischen Augenblicksleugner« an; siehe Bloch, Prinzip Hoffnung, i, S. 339.
  27. Donna J. Haraway, Unruhig bleiben. Die Verwandtschaft der Arten im Chthuluzän, übers. v. Karin Harrasser (Frankfurt a. M.: Campus, 2018); Denise Ferreira da Silva, »Unbezahlbare Schuld. Szenen des Werts, gegen den Pfeil der Zeit gelesen«, übers. v. Hildegard Hogen, in documenta 14 – Reader, hg. v. Quinn Latimer und Adam Szymczyk (München: Prestel, 2017), S. 81–112; Stefano Harney und Fred Moten, Die Undercommons. Flüchtige Planung und schwarzes Studium, übers. v. Birgit Mennel und Gerald Raunig (Wien: transversal texts, 2016).
  28. Muñoz, Cruising Utopia, u. a. S. 3.
  29. Ebd., siehe u. a. S. 11, S. 94–96 und S. 185–89.
  30. Auch im Hegelkritischen Zeitverständnis des Afrofuturismus wird problematisiert, dass antizipatorisches »Wissen« zur ökonomischen Ware und politischen Kontrolle in der Gegenwart wird und in der westlich-weißen Fortschrittslogik die Entmachteten zugleich in die Vergangenheit einschließt; siehe Kodwo Eshun, »Weiterführende Überlegungen zum Afrofuturismus«, übers. v. Ronald Voullié, in Ethnofuturismen, hg. v. Armen Avanessian und Mahan Moalemi (Leipzig: Merve, 2018), S. 41–65, hier u. a. S. 47. Im afrofuturistischen Film The Last Angel of History, Regie: John Akomfrah (Black Studio Film Collective, 1996) betont Samuel R. Delany, dass Science-Fiction als eine »signifikante Verzerrung der Gegenwart« verstanden werden müsse und weder zukunftsweisend noch utopisch sei; siehe Eshun, »Weiterführende Überlegungen«, S. 46. Siehe zu diesem Verständnis von Science-Fiction auch Haraway, Unruhig bleiben, S. 11–12.
  31. Zum Begriff der Chrononormativität siehe Elizabeth Freeman, Time Binds: Queer Temporalities, Queer Histories (Durham, NC: Duke University Press, 2010).
  32. Kara Keeling, Queer Times, Black Futures (New York: NYU Press, 2019), S. 88.
  33. Thomas Assheuer, »Ich mißtraue der Utopie, ich will das Un-Mögliche«, Interview mit Jacques Derrida, Die Zeit, 11 (8. März 1998) <https://www.zeit.de/1998/11/titel.txt.19980305.xml> [Zugriff: 25. Juli 2021]. Siehe zum »Denken des unmöglichen Möglichen, des Möglichen als des Unmöglichen, ein[em] Denken des Unmöglich-Möglichen« auch Jacques Derrida, Die unbedingte Universität, übers. v. Stefan Lorenzer (Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 2001), S. 73.
  34. Jacques Derrida, Marx’ Gespenster. Der verschuldete Staat, die Trauerarbeit und die neue Internationale, übers. v. Susanne Lüdemann (Frankfurt a. M.: Fischer, 1996), S. 10.
  35. Ebd., S. 11, Hervorhebung im Original.
  36. Die Hantologie leitet sich vom Französischen hanter für »heimsuchen« ab und überschreitet die Ontologie als die Lehre des Seins. Siehe ebd., S. 27.
  37. Ebd., S. 28, Hervorhebung im Original.
  38. Ebd., S. 36.
  39. Ebd., S. 38.
  40. Ebd., Hervorhebung im Original. Mit »The time is out of joint« zitiert Derrida Hamlet von Shakespeare.
  41. Siehe ebd., S. 40-41.
  42. Ebd., S. 41, Hervorhebung im Original.
  43. Siehe zu dieser Dynamik einer biopolitischen Immunisierung Isabell Lorey, Figuren des Immunen. Elemente einer politischen Theorie (Zürich: Diaphanes, 2011), S. 260–80.
  44. Siehe Derrida, Marx’ Gespenster, S. 42 und 47. Hamlet verflucht sein Schicksal, das ihn dazu bestimmt, seinen Vater zu rächen und »eine Zeit wieder ins rechte Gleis zu bringen, die schief läuft. […] Gerechtigkeit zu üben, die Dinge wieder in Ordnung zu bringen, die Geschichte, die Welt, die Epoche, die Zeit wieder einzurenken«; siehe ebd., S. 41. Hamlet selbst ist »out of joint«, seine Aufgabe, so Derrida, ist ihm eine »unerträgliche Perversion«; siehe ebd., S. 42–43. Hamlet ist eine queere Shakespearsche Figur.
  45. Ebd., S. 43, Hervorhebung im Original. Zur Geschichte der Sieger siehe Walter Benjamin, »Über den Begriff der Geschichte«, in Gesammelte Schriften, hg. von Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser, 7 Bde. (Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1972–91), i (1974), S. 691–704.
  46. Siehe Saidiya V. Hartman, Scenes of Subjection: Terror, Slavery, and Self-Making in Nineteenth-Century America (Oxford: Oxford University Press, 1997), S. 130–32; Silva, »Unbezahlbare Schuld«. Siehe hierzu auch Kapitel 6 in Isabell Lorey, Demokratie im Präsens. Eine Theorie der politischen Gegenwart (Berlin: Suhrkamp, 2020).
  47. Derrida, Marx’ Gespenster, S. 44, Hervorhebung im Original.
  48. Ebd., S. 49, Hervorhebung im Original. Siehe auch Isabell Lorey, »Preserving Precariousness, Queering Debt«, übers. v. Kelly Mulvaney, in The Constituent Museum: Constellations of Knowledge, Politics and Mediation; A Generator of Social Change, hg. v. John Byrne (Amsterdam: Valiz/L’Internationale, 2018), S. 184–91.
  49. Ebd., S. 50.
  50. Derrida spricht in diesem Zusammenhang auch von »absoluter Gastfreundschaft«, im Unterschied zu einer bedingten Gastfreundschaft, die den Hausherren voraussetzt, der bestimmt, wer die Schwelle seines verfugten Hauses übertritt, der zu entscheiden versucht, wer ihn heimsucht; siehe Jacques Derrida, Von der Gastfreundschaft, übers. v. Markus Sedlaczek (Wien: Passagen, 2007); siehe auch Jacques Derrida, Schurken. Zwei Essays über die Vernunft, übers. v. Horst Brühmann (Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 2005), S. 28.
  51. Paolo Virno, Grammatik der Multitude. Der Engel und der General Intellekt, übers. v. Klaus Neundlinger und Gerald Raunig (Wien: Turia + Kant, 2005), S. 35.
  52. Der lateinische Begriff communitas bedeutet in der Zusammensetzung der Vorsilbe con- mit munera: Diejenigen, die zusammen Abgaben leisten. Siehe ausführlich Lorey, Figuren des Immunen, S. 199–227. Den Begriff der »De-Munisierung« habe ich im Rahmen der widerständigen Figur der »konstituierenden Immunisierung« entwickelt. Siehe ebd., S. 286–91.
  53. Siehe auch Lorey, Demokratie im Präsens.
  54. Harney und Moten, Die Undercommons, S. 69.
  55. Zur Unterscheidung der Begriffe Prekärsein, Prekarität und Prekarisierung siehe Isabell Lorey, Die Regierung der Prekären (Wien: Turia + Kant, 2012).
  56. Harney und Moten, Die Undercommons, S. 74
  57. Freeman, Time Binds, S. xvi; übers. v. I.L.
  58. Siehe Lorey, Demokratie im Präsens.
  59. Zum Begriff der »radikalen Inklusion« siehe Isabell Lorey, »Präsentische Demokratie. Radikale Inklusion – Jetztzeit – Konstituierender Prozess«, in Transformationen der Demokratie – Demokratische Transformationen, hg. v. Alex Demirović (Münster: Westfälisches Dampfboot, 2016), S. 265–77.
  60. Siehe Verónica Gago, Raquel Gutiérrez Aguilar, Susana Draper, Mariana Menéndez Díaz, Marina Montanelli, Marie Bardet und Suely Rolnik, 8M – Der große feministische Streik. Konstellationen des 8. März, übers. von Michael Grieder und Gerald Raunig (Wien: transversal texts, 2018); Precarias a la deriva, Was ist dein Streik? Militante Streifzüge durch die Kreisläufe der Prekarität, übers. v. Birgit Mennel (Wien: transversal texts, 2014).
  61. Das politisch-pädagogische Diktum »Wir haben schon so viel erreicht, das sollten wir jetzt nicht leichtfertig zerstören, indem wir uns in Sicherheit wiegen« wird zum Schmiermittel der neuen Verfugungen und markiert auf dezidierte Weise die gouvernementale Verschränkung mikro- und makropolitischer Disziplinierung durch Unsicherheit und Angst.
  62. Eine Triage unterteilt die Kranken (beispielsweise nach einer Katastrophe) nach der Schwere ihrer Verletzungen und wird im Kontext der Behandlung von an Covid-19 Erkrankten im Falle nicht ausreichender Beatmungsgeräte als eine ärztliche Entscheidung darüber verstanden, welche Leben gerettet werden. Das im Text genannte Argument entlehne ich dem Beitrag von Ruth Sonderegger in der Veranstaltung: Maurice Stierl und Sonja Buckel, »#LeaveNoOneBehind. Kämpfe um das europäische Grenzregime in der Corona-Krise«, AkG (Assoziation für kritische Gesellschaftsforschung), 15. April 2020 <https://akg-online.org/aktuelles/digitale-diskussionsreihe-der-akg-gesellschaftsforschung-zeiten-sozialer-distanzierung> [Zugriff: 15. August 2021>, dokumentiert als Audio-Podcast <https://mosaik-blog.at/leavenoonebehind-corona/> [Zugriff: 15. August 2021].
  63. Derrida, Marx’ Gespenster, S. 55–56.
  64. Ebd., S. 56.

Quellenangaben

Bibliografie

  1. Assheuer, Thomas, »Ich mißtraue der Utopie, ich will das Un-Mögliche«, Interview mit Jacques Derrida, Die Zeit, 8. März 1998 <https://www.zeit.de/1998/11/titel.txt.19980305.xml> [Zugriff: 25. Juli 2021]
  2. Benjamin, Walter, Gesammelte Schriften, hg. v. Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser, 7 Bde. (Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1972–91)
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  14. Halberstam, J. Jack, In a Queer Time and Place: Transgender Bodies, Subcultural Lives (New York: NYU Press, 2005)
  15. Haraway, Donna J., Unruhig bleiben. Die Verwandtschaft der Arten im Chthuluzän, übers. v. Karin Harrasser (Frankfurt a. M.: Campus, 2018)
  16. Harney, Stefano und Fred Moten, Die Undercommons. Flüchtige Planung und schwarzes Studium, übers. v. Birgit Mennel und Gerald Raunig (Wien: transversal texts, 2016)
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  21. »Präsentische Demokratie. Exodus und Tigersprung«, transversal blog, Juni 2014 <https://transversal.at/blog/praesentische-demokratie> [Zugriff: 3. Juni 2021]
  22. »Präsentische Demokratie. Radikale Inklusion – Jetztzeit – Konstituierender Prozess«, in Transformationen der Demokratie – Demokratische Transformationen, hg. v. Alex Demirović (Münster: Westfälisches Dampfboot, 2016), S. 265–77
  23. »Preserving Precariousness, Queering Debt«, übers. v. Kelly Mulvaney, in The Constituent Museum: Constellations of Knowledge, Politics and Mediation; A Generator of Social Change, hg. v. John Byrne (Amsterdam: Valiz/L’Internationale, 2018), S. 184–91
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  25. Muñoz, José Esteban, Cruising Utopia: The Then and There of Queer Futurity (New York: NYU Press, 2009)
  26. Precarias a la deriva, Was ist dein Streik? Militante Streifzüge durch die Kreisläufe der Prekarität, übers. v. Birgit Mennel (Wien: Turia + Kant, 2011); Open Access Neudruck (Wien: transversal texts, 2014) <https://transversal.at/books/precarias-de> [Zugriff: 20. Juni 2021]
  27. Silva, Denise Ferreira da, »Unbezahlbare Schuld. Szenen des Werts, gegen den Pfeil der Zeit gelesen«, übers. v. Hildegard Hogen, in documenta 14 – Reader, hg. v. Quinn Latimer und Adam Szymczyk (München: Prestel, 2017), S. 81–112
  28. Virno, Paolo, Grammatik der Multitude. Der Engel und der General Intellekt, übers. v. Klaus Neundlinger und Gerald Raunig (Wien: Turia + Kant, 2005)

Filmografie

  1. The Last Angel of History, Regie: John Akomfrah (Black Studio Film Collective, 1996)